WKNÖ-Radar: Hochbau zieht an, Tiefbau unter Druck in NÖ

Redaktion

Am 29. Dezember 2025 richtet sich der Blick in Niederösterreich auf eine Zahlensammlung, die viel über Jobs, Wohnraum und Investitionen verrät – ohne die gesamte Geschichte schon preiszugeben. Das neue Bauwirtschaftsradar zeigt Bewegung im Hochbau, während der Tiefbau in schwierigerem Fahrwasser bleibt. Für Betriebe, Häuslbauerinnen und Häuslbauer sowie Gemeinden in Niederösterreich ist das mehr als Statistik: Es ist eine Momentaufnahme mit Signalwirkung für 2026 – und ein Prüfstein, ob Impulse tatsächlich ankommen. Die Entwicklungen betreffen Kreditentscheidungen, Baubewilligungen, Sanierungen und Auslandsaufträge und reichen damit tief in den Alltag vieler Menschen hinein. Zugleich erinnert der aktuelle Stand daran, wie eng Konjunktur, Budgets und Rahmenbedingungen miteinander verflochten sind. Was bedeutet das für leistbaren Wohnraum, für regionale Unternehmen und für die Beschäftigung? Und welche Weichen müssen nun gestellt werden, damit aus einem Aufblitzen im Hochbau ein tragfähiger Trend für Niederösterreich wird?

WKNÖ Bauwirtschaftsradar: Zahlen, Signale und was sie für NÖ bedeuten

Die Ausgangslage ist klar belegt: Laut dem von Economica im Auftrag der Wirtschaftskammer Niederösterreich erhobenen Bauwirtschaftsradar für das vierte Quartal 2025 zieht der Hochbau wieder an, während der Tiefbau unter Druck steht. Das zentrale Faktum: Der Auftragseingangsindex im produzierenden Bereich für den Hochbau zeigte gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 4,4 Prozent. Diese Bewegung fällt zusammen mit spürbaren Entspannungen bei der Kreditvergabe. Gleichzeitig ist die Stimmungslage im Tiefbau unter das Niveau vom April 2020 gefallen – ein Warnsignal, das die Abhängigkeit des Tiefbaus von öffentlichen Budgets verdeutlicht. Den vollständigen Ausgangsbericht finden Interessierte in der Pressemitteilung der Wirtschaftskammer NÖ, abrufbar über die Austria Presse Agentur: OTS-Meldung der WKNÖ.

Ein weiterer Eckstein der aktuellen Lage sind die Baubewilligungen in Niederösterreich: Im zweiten Quartal 2025 wurden 1.422 Baubewilligungen für neue Wohngebäude verzeichnet, gegenüber 1.388 im Vergleichsquartal 2024. Das ist ein Zuwachs um 34 Genehmigungen, rechnerisch rund 2,45 Prozent. Noch deutlicher fällt die Dynamik bei Um- und Zubauten aus: 602 gegenüber 522 – ein Plus von 80 Genehmigungen oder 15,33 Prozent. Diese Umbautätigkeit stabilisiert die Branche, weil sie kleinere und mittlere Projekte in die Auftragsbücher vieler regionaler Unternehmen bringt.

Das Bild wird durch Stimmen aus der Branche konturiert: WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker ordnet den Anstieg im Hochbau als wichtiges Signal für Betriebe und Wohnbau ein. Günther Lehner, Landesinnungsmeister Bau in Niederösterreich, verweist auf die wachsende Bedeutung der Sanierung. Und Stefan Graf aus der Vertretung der NÖ Bauindustrie mahnt zur Nüchternheit: Der leichte Aufwärtstrend sei noch keine Trendwende; der Druck auf die Bauwirtschaft bleibe hoch und Reformbedarf bestehe unverändert. Damit ist der Ton gesetzt: Der Hochbau liefert Impulse, aber die strukturellen Hausaufgaben sind nicht erledigt.

Was die Kennzahlen konkret aussagen

Der Anstieg des Auftragseingangsindex um 4,4 Prozent im Hochbau signalisiert, dass Nachfragen wieder in planbare Aufträge übergehen. Für Unternehmen bedeutet das eine bessere Auslastung in den nächsten Monaten, mehr Planungssicherheit bei Personal und Investitionen sowie die Aussicht, Preisdruck in einzelnen Segmenten zumindest teilweise abzufedern. Da die Kreditvergabe spürbar entspannter verläuft, können Projekte eher freigegeben werden – ein Multiplikatoreffekt, der besonders beim Wohnbau greift, weil er viele Gewerke mobilisiert.

Beim Tiefbau verschlechtert die gesunkene Stimmungslage die Aussichten. Wenn öffentliche Budgets angespannt sind, werden Straßen- und Brückenprojekte, Leitungs- und Kanalbau oder kommunale Infrastruktur häufiger verschoben oder in kleinere Losgrößen aufgeteilt. Das trifft vor allem Firmen, die auf diese Projektkategorien spezialisiert sind, und es erschwert Investitionen in Maschinen, Fuhrpark und Personal. Für Beschäftigte bedeutet das unsichere Perspektiven und bei dünnen Auftragslagen die Notwendigkeit, auf alternative Bereiche – etwa Sanierung oder Hochbau-Nebenleistungen – auszuweichen.

Baubewilligungen: Stabilisierung mit Akzent auf Umbau

Die 1.422 Baubewilligungen für neue Wohngebäude in NÖ – leicht über dem Vorjahreswert – deuten darauf hin, dass der Wohnbau trotz gestiegener Bau- und Finanzierungskosten nicht abbricht. Entscheidend ist aber die Umbautätigkeit: 602 Genehmigungen für Um- und Zubauten bedeuten, dass Erhalt, Erweiterung und energetische Modernisierung einen breiteren Sockel bilden. Diese Projekte sind oft kleinteiliger, näher am Bestand und lassen sich schneller realisieren – ein Vorteil in Zeiten volatiler Preise und knapper Budgets. Sie halten regionale Wertschöpfung in der Fläche, stärken Baunebengewerbe wie Haustechnik, Fensterbau, Dachdeckerinnen und Dachdecker sowie Malerinnen und Maler und wirken in die Gemeinden hinein.

Die WKNÖ fasst die Herausforderung auf den Punkt: Während Aufträge aus dem Ausland positiv laufen, stagnieren die heimischen Bauaufträge. Daraus leitet sich eine klare Priorität ab: die Inlandsnachfrage zu stärken – durch Investitionsanreize, weniger Bürokratie und leistbare Energie. Mit dieser Mischung sollen Unsicherheiten reduziert und Projekte aus der Warteschleife geholt werden. Hintergrundinformationen zur Interessensvertretung der österreichischen Wirtschaft bietet die Wirtschaftskammer: WKO. Übergreifende Daten zu Bau und Bevölkerung finden sich bei Statistik Austria.

Fachbegriffe verständlich erklärt

Hochbau

Hochbau umfasst alle Bauleistungen, die oberhalb der Geländeoberfläche entstehen – etwa Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser, Bürogebäude oder Industriehallen. Für Laien hilft das Bild vom Gebäude, das man sehen und begehen kann, während Technik im Untergrund eher dem Tiefbau zugeordnet ist. Im Hochbau arbeiten viele Gewerke zusammen: von der Planung über Rohbau, Holz- und Stahlbau bis zu Ausbaugewerken wie Trockenbau, Elektrik, Haustechnik, Boden- und Malerarbeiten. Konjunkturimpulse im Hochbau verteilen sich daher schnell entlang regionaler Wertschöpfungsketten und erreichen zahlreiche kleinere und mittlere Betriebe.

Tiefbau

Tiefbau bezeichnet Bauleistungen im oder unter dem Erdreich. Dazu zählen Straßen-, Brücken- und Tunnelbau, Leitungs- und Kanalbau, Hochwasserschutz, Bahninfrastruktur sowie Erschließungen für neue Siedlungen. Charakteristisch ist die starke Abhängigkeit von öffentlichen Auftraggebern, weil der Staat und Kommunen Infrastruktur planen, finanzieren und vergeben. Für Laien ist wichtig: Wenn Budgets angespannt sind, werden Tiefbauprojekte oft verschoben oder in Etappen vergeben. Das erhöht die Unsicherheit im Auftragsbestand und kann zu saisonalen Schwankungen bei Beschäftigung und Investitionen führen.

Auftragseingangsindex

Der Auftragseingangsindex misst, wie viele neue Aufträge in einem bestimmten Zeitraum eingehen und wie sich diese im Vergleich zu früheren Perioden entwickeln. Für die Praxis heißt das: Ein Anstieg zeigt, dass Verträge unterschrieben und Projekte festgezurrt werden, nicht nur, dass es Anfragen gibt. Unternehmen können daraus Auslastung ableiten, Personalplanung vornehmen und Beschaffungen timen. Für Laien wichtig: Der Index ist ein Frühindikator. Er gibt einen Hinweis darauf, wie die wirtschaftliche Lage der Branche in den nächsten Monaten aussehen könnte, weil er vor der tatsächlichen Bauleistung ansetzt.

Baubewilligung

Eine Baubewilligung ist die formale Genehmigung der Behörde, ein Bauvorhaben zu errichten, zu verändern oder zu erweitern. Sie prüft, ob das Projekt rechtlich und technisch zulässig ist – etwa in Bezug auf Flächenwidmung, Abstandsregeln, Statik, Brandschutz oder Energieeffizienz. Für Bauherrinnen und Bauherren ist sie der Schlüssel zum Start des Projekts. In der Statistik dienen Baubewilligungen als Indikator für künftige Bauaktivität, weil sie vor der tatsächlichen Bauausführung erteilt werden. Steigende Bewilligungen deuten auf mehr Bauleistung in den kommenden Quartalen hin.

Umbautätigkeit und Sanierung

Umbautätigkeit umfasst Um- und Zubauten sowie Sanierungen im Bestand. Dazu zählen die Erweiterung eines Hauses, der Dachausbau, der Austausch von Fenstern, die Dämmung der Fassade, die Erneuerung der Heizung oder der barrierefreie Umbau. Für Laien ist zentral: Sanieren bedeutet nicht nur Verschönerung, sondern steigert Wohnqualität, senkt Energiekosten, erhöht den Werterhalt und kann die Lebensdauer von Gebäuden deutlich verlängern. In konjunkturell schwächeren Phasen stabilisiert die Umbautätigkeit die Bauwirtschaft, weil sie in kleineren Losen erfolgt und schneller finanzierbar ist.

Kreditvergabe

Unter Kreditvergabe versteht man den Prozess, mit dem Banken und andere Finanzinstitute Darlehen für Bauvorhaben bereitstellen. Kriterien sind Bonität, Eigenmittel, Tragbarkeit der Raten, Sicherheiten und der Verwendungszweck. Für Laien wichtig: Wenn die Kreditvergabe entspannter wird, sinken häufig die Hürden bei der Bewilligung, etwa durch bessere Konditionen oder großzügigere Beurteilungsspielräume. Dadurch werden Projekte, die zuvor auf Eis lagen, wieder realistisch. In der Summe kann das spürbare Nachfrageimpulse im Wohn- und Objektbau auslösen.

Bürokratieabbau-Paket

Mit Bürokratieabbau-Paket ist ein Bündel an Maßnahmen gemeint, das Verwaltungsprozesse vereinfachen soll – etwa durch digitalisierte Anträge, schnellere Genehmigungen, weniger Nachweispflichten oder klarere Zuständigkeiten. Für Bürgerinnen und Bürger steht dahinter die Hoffnung auf weniger Aufwand und kürzere Wartezeiten. Für Unternehmen bedeutet es, dass Projekte früher starten, Planungskosten sinken und Risiken reduzierte werden. In der Bauwirtschaft kann ein wirksamer Bürokratieabbau Investitionen zeitlich nach vorne ziehen und so Konjunkturimpulse verstärken.

Historische Entwicklung: Wie wir hierher gekommen sind

Die Bauwirtschaft in Österreich durchläuft seit über einer Dekade spürbare Zyklen. Nach der Finanzkrise stabilisierte sich die Nachfrage zunächst langsam, bis eine Kombination aus günstigen Finanzierungskonditionen, Zuzug in Ballungsräume und Investitionsprogrammen ab Mitte der 2010er Jahre für eine breite Belebung sorgte. Viele Gemeinden verdichteten Siedlungsräume, der Mehrgeschosswohnungsbau legte zu, und die Modernisierung im Bestand gewann an Fahrt. Gleichzeitig wuchsen Kostendruck und Fachkräftebedarf, aber die Auftragsbücher blieben prall gefüllt.

Die Pandemie ab 2020 brachte einen ungewöhnlichen Mix: Unterbrechungen in Lieferketten, Baustellenlogistik unter Sicherheitsauflagen und dennoch eine auffällige Nachfrage nach Wohnraum, weil die eigenen vier Wände an Bedeutung gewannen. In den Folgejahren wirkten Energiepreisschocks, anziehende Zinsen und das Ringen um leistbare Finanzierung. In dieser Phase stieg die Bedeutung von Sanierung und Umbau, weil kleinere, kurzfristiger planbare Projekte eher realisiert werden konnten.

Bis 2025 pendelte die Branche zwischen Anpassung und Neuorientierung. Der Tiefbau wurde stärker von Budgetzyklen der öffentlichen Hand bestimmt – mit Verzögerungen und Priorisierungen –, während der Hochbau von der Verfügbarkeit leistbarer Kredite, Materialpreisen und Förderlandschaften abhing. Vor diesem Hintergrund ist das aktuelle Plus beim Auftragseingangsindex im Hochbau ein wichtiges, aber noch fragiles Signal. Die klare Botschaft der Branchenvertretung: Ohne verlässliche Rahmenbedingungen bleibt es bei punktuellen Aufhellungen.

Vergleiche: Bundesländer, Deutschland und Schweiz

Innerhalb Österreichs zeigt sich eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung. Wien dominiert traditionell im mehrgeschossigen Wohnbau und in großvolumigen Projekten der öffentlichen Hand. Niederösterreich ist breit aufgestellt: vom Einfamilien- und Reihenhausbau über Gewerbeobjekte bis zu Infrastruktur im ländlichen Raum. In Oberösterreich und der Steiermark spielen industrielle und gewerbliche Bauvorhaben eine größere Rolle, während Tirol und Vorarlberg durch topografische Bedingungen sowie eine lebendige Holzbaukultur geprägt sind. Diese Vielfalt bedeutet, dass Impulse in einem Segment nicht automatisch überall gleich stark wirken.

Der Blick nach Deutschland zeigt Parallelen und Unterschiede. Dort belasten ebenfalls Finanzierungskosten und Genehmigungsdauern den Neubau, während im Bestand Sanierungen und energetische Modernisierung diskutiert und teilweise forciert werden. Anders ist die Breite der Förderlandschaft und die föderale Vielfalt bei Bauordnungen, was regionale Dynamik erzeugt. In der Schweiz wiederum ist die Bauwirtschaft stark vom hochwertigen Wohn- und Objektbau geprägt, mit hohem Qualitäts- und Preisniveau sowie stabiler Nachfrage in Zentren. Gemeinsam ist allen drei Märkten, dass klare Regeln, planbare Förderungen und verlässliche Budgets die entscheidenden Stellschrauben sind, um vom Stimmungsaufschwung in reale Bauleistung zu kommen.

Konkrete Auswirkungen für Bürgerinnen und Bürger

Für Häuslbauerinnen und Häuslbauer in Niederösterreich kann eine entspanntere Kreditvergabe die Tür zu Projekten öffnen, die in den vergangenen zwei Jahren aufgeschoben wurden. Wer eine Sanierung plant – etwa neue Fenster, Fassade, Dach oder Heizung –, profitiert von der lebhaften Umbautätigkeit: Fachbetriebe haben Erfahrung, Lieferketten sind eingespielt, und der regionale Markt bietet Wettbewerb. Bei Neubauten erleichtert eine höhere Zahl an Baubewilligungen die Orientierung: Kommunen und Baubehörden verarbeiten Anträge, Prozesse werden routinierter, und Zulaufzeiten sind besser planbar.

Mieterinnen und Mieter spüren Effekte indirekt. Wo der Hochbau anzieht, werden mittelfristig zusätzliche Wohnungen geschaffen, was den Druck auf den Mietmarkt dämpfen kann. Sanierungen verbessern die Energieeffizienz und reduzieren Nebenkosten – wichtig bei anhaltend sensiblen Energiebudgets. Gleichzeitig gilt: Wenn der Tiefbau bremst, können öffentliche Infrastrukturprojekte länger dauern. Das betrifft Straßensanierungen, Brückenerhalt oder Kanalerneuerungen und wirkt sich in Gemeinden als Baustellenzyklen und Umleitungen aus.

Für Handwerkerinnen und Handwerker bedeuten mehr Umbauten kontinuierliche Auslastung und Chancen zur Spezialisierung – etwa in der Gebäudedämmung, bei erneuerbarer Wärme oder im barrierefreien Umbau. Bauunternehmen mit Schwerpunkt Tiefbau stehen vor der Frage, ob sie temporär Kapazitäten in Sanierung oder Hochbau-nahe Leistungen verschieben. Gemeinden wiederum müssen Prioritäten klarer setzen: Welche Projekte sind unverzichtbar, wo sind Synergien möglich, und wie lassen sich Förderungen kombinieren, um Vorhaben trotz angespannter Budgets umzusetzen?

Zahlen und Fakten im Detail

Das Plus von 4,4 Prozent im Auftragseingangsindex für den Hochbau zeigt tendenziell eine Ausdehnung des Auftragsvolumens. In einer Branche, in der die Vorlaufzeiten von Ausschreibung bis Baustart variieren, ist dieser Frühindikator besonders wertvoll. Er deutet auf eine bessere Auslastung, die sich – je nach Projektmix – ab dem ersten Halbjahr 2026 in höherer Bauleistung niederschlagen kann. Der Befund passt zu den Berichten über eine entspanntere Kreditvergabe: Wenn Finanzierungen wieder kalkulierbarer werden, werden Projekte finalisiert.

Die Baubewilligungen zeichnen ein zweites Bild. 1.422 neue Wohngebäude im zweiten Quartal 2025 stehen für eine moderate Belebung gegenüber 1.388 im Vorjahr. Der Zuwachs liegt bei rund 2,45 Prozent. Wesentlich kräftiger ist die Umbautätigkeit: 602 gegenüber 522 – ein Plus von 80 Bewilligungen oder 15,33 Prozent. Dieser Unterschied ist plausibel: Umbauten benötigen weniger Fläche, sind genehmigungsrechtlich oft einfacher und können in Etappen realisiert werden. Sie passen zu einem Umfeld, in dem Haushalte und Unternehmen genau rechnen und flexible Lösungen bevorzugen.

Kontrapunkt ist der Tiefbau. Die Stimmungslage unter dem Niveau von April 2020 markiert einen deutlichen Dämpfer. 2020 stand für Unsicherheit infolge der Pandemie; heute sind es vor allem knappe öffentliche Budgets, die Investitionen verzögern. Das ist nicht nur ein Konjunkturthema, sondern betrifft Substanz: Je länger Erhalt und Modernisierung öffentlicher Infrastruktur warten, desto teurer wird es später. Hier setzt die Debatte an, die WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker mit der Forderung nach klaren Rahmenbedingungen adressiert – von Investitionsanreizen über Bürokratieabbau bis zu leistbarer Energie.

Zugleich kommt ein Teil der Dynamik aus dem Ausland: Aufträge über die Grenze entwickeln sich positiv. Für NÖ-Betriebe mit Exportkompetenz in Spezialgewerken oder Fassadentechnik, im Holz- oder Stahlbau sowie in Planungsleistungen ist das eine wichtige Stütze. Doch um die regionale Beschäftigung breit abzusichern, braucht es auch eine kräftige Inlandsnachfrage – hier setzt die politische Diskussion an.

Hintergründe und Zusammenhänge

Warum hilft Bürokratieabbau? Weil Zeit im Bau Geld ist. Jede beschleunigte Genehmigung reduziert Zins- und Fixkosten, senkt Projektrisiken und erlaubt es Betrieben, Kapazitäten verlässlicher zu disponieren. Warum sind Investitionsanreize wirksam? Weil sie Projekte über die Schwelle heben können, an der sich Vorhaben für private und öffentliche Auftraggeber rechnen. Und warum ist leistbare Energie wichtig? Weil Energiepreise die Kalkulation für Baumaterialien, Transport und Betriebskosten beeinflussen – Kostensicherheit ist ein Schlüsselfaktor für Entscheidungen.

Diese Stellschrauben wirken zusammen. Wenn sie konsistent gesetzt werden, entsteht ein Klima, in dem die positiven Signale des Hochbaus in mehr Bewilligungen, Baustarts und abgeschlossene Projekte übersetzt werden. Wenn sie ausbleiben, bleiben die Impulse fragmentiert und die Branche reagiert zögerlich – verständlich in einem Umfeld, das von langen Vorläufen und hohen Kapitalbindungen geprägt ist.

Vergabe, Recht und Praxis: Was jetzt zählt

Für Auftraggeberinnen und Auftraggeber sind drei Punkte zentral: Planungssicherheit, transparente Ausschreibungen und realistische Zeitpläne. Betriebe wiederum profitieren von klaren Eignungskriterien und fairen Losgrößen, die auch mittelständische Anbieter berücksichtigen. Aus rechtlicher Sicht bleibt die Einhaltung von Vergabevorgaben, Baurecht und medienrechtlicher Sorgfalt selbstverständlich. Für die Öffentlichkeit ist Transparenz wichtig: Welche Projekte werden warum priorisiert, und wie werden regionale Unternehmen einbezogen? Diese Fragen gewinnen an Relevanz, wenn Budgets knapp sind und jede Investition mehrfach abgewogen wird.

Praxisbeispiele aus NÖ

  • Wohnbau im Bestand: Eine Genossenschaft entscheidet sich, statt Neubau zwei Bestandsobjekte umfassend zu sanieren. Ergebnis: kürzere Bauzeiten, geringere Risiken und bessere Energiekennwerte.
  • Kommunale Infrastruktur: Eine Gemeinde bündelt Straßensanierung mit Kanalreparatur in einem Bauabschnitt. Das spart Kosten und reduziert Verkehrsbeeinträchtigungen.
  • Mittelbetrieb im Hochbau: Ein Unternehmen nutzt die bessere Kreditverfügbarkeit, um in eine digitale Baustellenlogistik zu investieren. Die Effizienzgewinne stärken die Wettbewerbsfähigkeit.

Zukunftsperspektive: Szenarien für 2026

Wie geht es weiter? Drei Faktoren werden entscheidend: die Dauerhaftigkeit der Kreditentspannung, die Prioritäten in den öffentlichen Budgets und die Geschwindigkeit beim Bürokratieabbau. Im Positivszenario festigt sich der Hochbau, die Baubewilligungen bleiben stabil oder steigen leicht, und die Umbautätigkeit trägt weiter. Der Tiefbau könnte in der zweiten Jahreshälfte 2026 anziehen, wenn Budgetentscheidungen greifen und priorisierte Projekte ausgeschrieben werden. Auslandsaufträge blieben ein zweites Standbein.

Im Basisszenario setzt sich die gegenwärtige Mischung fort: stabile bis leicht positive Tendenz im Hochbau, verhaltene Entwicklung im Tiefbau. In diesem Fall bleibt die Branche zweigeteilt, und die Beschäftigungslage hängt stark von der Spezialisierung der Betriebe ab. Im Risikoszenario würden sich Budgetknappheit und Investitionszurückhaltung verlängern; dann trüge die Umbautätigkeit zwar weiter, könnte aber größere Lücken nicht füllen. In allen Fällen bleibt die Stoßrichtung gleich: Investitionsanreize, verlässliche Energiepreise und wirksamer Bürokratieabbau sind die Hebel, die aus Signalen handfeste Bauleistung machen.

Schluss: Was Niederösterreich jetzt mitnehmen sollte

Das Bauwirtschaftsradar vom 29. Dezember 2025 sendet ein doppeltes Signal: Der Hochbau liefert spürbare Impulse, gestützt durch eine entspanntere Kreditvergabe und stabile Baubewilligungen, besonders bei Um- und Zubauten. Zugleich bleibt der Tiefbau unter Druck, weil öffentliche Budgets eng sind und Priorisierungen Projekte verzögern. Für Betriebe heißt das: Chancen im Hochbau nutzen, Kompetenzen in der Sanierung stärken und flexibel planen. Für Politik und Verwaltung heißt es: Inlandsnachfrage stützen, Verfahren beschleunigen und Energie leistbar halten.

Wer tiefer einsteigen will, findet die Primärquelle hier: WKNÖ-Pressemeldung via OTS. Wie sehen Sie die Lage vor Ort – spüren Sie bereits mehr Bewegung im Hochbau oder warten Projekte noch auf den Startschuss? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und Beobachtungen aus Ihrer Gemeinde oder Ihrem Betrieb. Jede Rückmeldung hilft, den Puls der Bauwirtschaft in Niederösterreich noch genauer zu fühlen und die richtigen Weichen für 2026 zu stellen.