Aktuell am 18. November 2025: In Niederösterreich kündigt sich eine umfassende Reform der NÖ Bauordnung an, die das Bauen und Sanieren vereinfachen und Kosten dämpfen soll. Was bedeutet das für Häuslbauerinnen und Häuslbauer, für Mieterinnen und Mieter sowie für Gemeinden? Und ist es tatsächlich die modernste Regelung unter allen neun Bundesländern? Diese Fragen bewegen heute die Baupraxis ebenso wie die Wohnungswirtschaft in Österreich. Der Landtag in St. Pölten soll noch diese Woche über das Paket abstimmen – mit möglichen Auswirkungen auf Ortskerne, Flächenverbrauch und den Weg vom Antrag bis zur Baubewilligung. Wir ordnen die Eckpunkte ein, erklären zentrale Fachbegriffe in verständlicher Sprache und zeigen, wo Chancen liegen und worauf Bürgerinnen und Bürger achten sollten.
NÖ Bauordnung: Reform, Kontext und Folgen für Niederösterreich
Ausgangspunkt ist eine Initiative des Niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes sowie des NÖ Wirtschaftsbundes, in Abstimmung mit dem Landtagsklub der Volkspartei Niederösterreich. Ziel der Novelle ist es, Bauen und Sanieren einfacher und vor allem günstiger zu machen. In der öffentlichen Begründung wird betont, dass Bauauflagen die Errichtungskosten steigern und damit mittelbar Mieten und Eigentumspreise beeinflussen. Zudem soll eine neue Umbauordnung Ortskerne stärken und den Flächenverbrauch reduzieren. Die politische Maßgabe lautet: weniger Hürden bei Sanierung, Umnutzung und Wiedererrichtung, ohne die Substanz der Siedlungsentwicklung preiszugeben.
Die Reform skizziert mehrere konkrete Erleichterungen. Wenn durch eine Sanierung oder Nutzungsänderung keine wesentliche Verschlechterung der Bestandssituation eintritt, entfällt die Pflicht, ein Gebäude auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Vorgaben wie Belichtung oder Schallschutz sollen bei bestimmten Sanierungen ganz entfallen. Die Stellplatzverpflichtung wird für geringfügige Ausbauten von Altgebäuden gelockert. Bestehende Gebäude dürfen abgerissen und innerhalb der bestehenden Form und Größe – der Kubatur – wiedererrichtet werden, selbst wenn heutige Vorgaben nicht vollständig erfüllt werden. Für Gemeinden mit Bebauungsplan bleibt ein wichtiges Korrektiv: die Zustimmung des Gemeinderates. Parallel dazu soll die Streichung einzelner Normen und das Straffen der Verfahren die Bauverfahren vereinfachen und mehr Flexibilität schaffen.
Die politische Botschaft ist klar formuliert: mehr leistbares Bauen, gezielte Nachverdichtung und Schutz der Grünflächen durch Stärkung der Ortskerne. Die Befürworterinnen und Befürworter sehen darin eine zeitgemäße Antwort auf zwei Entwicklungen: kontinuierliches Bevölkerungswachstum und zunehmende Leerstände. Was auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt, ist städtebaulich erklärbar: Während am Siedlungsrand Nachfrage nach Einfamilienhäusern besteht, stehen in Ortskernen ungeeignete, zu strenge oder wirtschaftlich schwer erfüllbare Vorgaben einer Revitalisierung entgegen. Genau hier setzt die Umbauordnung an.
Begriffserklärungen: Was die Reform in der Praxis bedeutet
Bauordnung: Eine Bauordnung ist das landesrechtliche Regelwerk, das festlegt, wie auf einem Grundstück gebaut werden darf. Sie enthält Bestimmungen zu Abstandsflächen, Bauklassen, Brandschutz, Belichtung, Schallschutz, Bewilligungsverfahren, Einreichunterlagen und oft auch zu Stellplätzen. Für Laien wichtig: Die Bauordnung entscheidet nicht nur über das Erscheinungsbild eines Hauses, sondern auch über Zeit und Kosten einer Genehmigung. Je komplexer die Nachweise und Normen, desto länger und teurer wird der Weg vom Entwurf bis zum Baubeginn. Die NÖ Bauordnung ist eine solche Landesbauordnung, die eigenständig vom Landtag geändert werden kann.
Umbauordnung: Mit Umbauordnung ist im Kontext der Reform ein Paket von Erleichterungen für bestehende Gebäude gemeint, das Sanierungen, Umnutzungen und Wiedererrichtungen vereinfacht. Für Bestandsbauten gelten oft andere Voraussetzungen als für Neubauten, weil ihre Struktur nicht ohne Weiteres an heutige Regelwerke angepasst werden kann. Eine Umbauordnung anerkennt dies und schafft Ausnahmen oder abgespeckte Anforderungen, wenn die Ausgangssituation erhalten bleibt oder sich nicht wesentlich verschlechtert. Das Ziel ist, die Revitalisierung von Häusern im Ortskern attraktiv zu machen, Leerstände zu verringern und auf der grünen Wiese weniger neu zu versiegeln.
Stellplatzverpflichtung: Darunter versteht man Vorgaben, die je Wohnung oder je Quadratmeter Nutzfläche eine bestimmte Anzahl an Kfz-Stellplätzen verlangen. Diese Pflicht ist für Bauträgerinnen und Bauträger sowie für private Bauherrinnen und Bauherren kostenrelevant, weil Parkplätze – ob in Tiefgaragen oder am Grundstück – teuer sind und Fläche binden. In dicht bebauten Ortskernen sind Stellplätze oft schwer herzustellen. Eine Lockerung für geringfügige Ausbauten von Altgebäuden nimmt Druck aus Projekten, die sonst an der Stellplatzpflicht scheitern würden. Zugleich braucht es kommunale Parkraumkonzepte, damit die Erleichterung nicht zu zusätzlichem Parkdruck führt.
Kubatur: Die Kubatur beschreibt vereinfacht die äußere Form und Größe eines Bauwerks, also das Volumen, das ein Gebäude im Raum einnimmt. Wenn die Wiedererrichtung in derselben Kubatur erlaubt ist, bedeutet das, dass innerhalb der bisherigen äußeren Dimensionen neu gebaut werden darf, auch wenn einzelne aktuelle Detailvorgaben nicht vollständig passen. Das ist für Eigentümerinnen und Eigentümer wichtig, die wirtschaftlich sanieren oder erneuern wollen, ohne ein komplett neues Regelwerk erfüllen zu müssen. Der Ansatz soll Planbarkeit erhöhen und Abriss-Neuerrichtungen im Bestand erleichtern.
Bauwich: Als Bauwich werden die seitlichen Abstände eines Gebäudes zur Grundstücksgrenze bezeichnet. Diese dienen Brandschutz, Belichtung, Belüftung und der städtebaulichen Ordnung. In vielen Bauordnungen sind Bauwich und die vordere Bauflucht zentral, wenn es um Einfügung in die Umgebung geht. Die Aussage, dass Bauklasse, Bauhöhe und Bauwich bei der Wiedererrichtung eines bestehenden Gebäudes unbeachtlich sein sollen, zielt darauf ab, Bestandsverhältnisse zu respektieren. Allerdings kommen örtliche Bebauungspläne und kommunale Zustimmung als Sicherheitsnetz zum Tragen.
Bauklasse: Die Bauklasse ist eine Einteilung von Gebäuden in Höhen- oder Dichtekategorien. Sie gibt an, wie hoch gebaut werden darf und wie ein Gebäude typologisch in sein Umfeld passt. Für Laien ist wichtig: Höhere Bauklassen erlauben größere Höhen und oft mehr Geschoße, sind aber an strengere Bedingungen gebunden. Wird die Wiedererrichtung in der bisherigen Kubatur ermöglicht, ohne Bauklasse und Bauhöhe neu zu prüfen, beschleunigt dies den Prozess – freilich im Rahmen der kommunalen Planungsinstrumente.
Bebauungsplan: Der Bebauungsplan ist das örtliche Planungsinstrument einer Gemeinde. Er legt für bestimmte Zonen fest, wie und wo gebaut werden darf, welche Bauhöhen, Abstände, Dachformen oder Nutzungen zulässig sind. In Gemeinden mit Bebauungsplan bedarf eine Wiedererrichtung innerhalb der bisherigen Kubatur der Zustimmung des Gemeinderates. Das ist demokratisch relevant: Die Gemeinde behält Steuerungsmöglichkeiten, um Ortsbild, Nutzungsmischung und Infrastruktur im Blick zu behalten. Für Bauwillige bedeutet das zusätzlichen Dialog, aber auch Transparenz über lokale Ziele.
Historische Entwicklung: Vom Regelwerk zur Revitalisierung
Die Bauordnungen der österreichischen Bundesländer sind ein Produkt des Föderalismus. Jedes Bundesland regelt eigenständig, welche Anforderungen Bauen und Sanieren erfüllen müssen. Über die Jahrzehnte wurden Normen laufend erweitert – vor allem zu Brandschutz, Energieeffizienz, Schallschutz, Barrierefreiheit und Nachweisen in der Einreichplanung. Parallel entstand eine Vielzahl technischer Regeln, die von Fachleuten selbstverständlich beherrscht werden, private Bauherrinnen und Bauherren jedoch oft überfordern. Die Folge: Längere Verfahren, steigende Planungskosten und eine wachsende Kluft zwischen Regelanspruch und praktischer Umsetzung, insbesondere bei Bestandsbauten im Ortskern.
Seit den 2000er Jahren hat das Österreichische Institut für Bautechnik mit seinen Richtlinien versucht, eine Annäherung zwischen den Ländern zu fördern. Gleichzeitig setzte die Raumordnung zunehmend auf Innenentwicklung vor Außenentwicklung. Die Praxis zeigte aber, dass selbst mit guter Zielsetzung Detailauflagen die Revitalisierung alter Häuser erschweren. In vielen Gemeinden blieb es einfacher, auf der grünen Wiese neu zu errichten, als im Kern zu sanieren. Damit stiegen Verkehrsaufkommen und Infrastrukturkosten, während Ortskerne an Dynamik verloren. Vor diesem Hintergrund gewinnen Umbauordnungen an Bedeutung: Sie schaffen Spielräume im Bestand, ohne Sicherheitsniveaus pauschal abzusenken. Die nun in Niederösterreich geplante Reform fügt sich in diesen Trend ein und betont die Stärkung der Ortskerne sowie die Reduktion des Flächenverbrauchs als zentrale Anliegen.
Vergleich: Andere Bundesländer, Deutschland, Schweiz
Im Österreich-Vergleich setzen die Länder unterschiedliche Akzente: Stadtstaatliche Gebiete wie Wien arbeiten mit dichten Regelwerken und spezifischen Ausnahmen für Gründerzeit und Blockrand. Touristisch und landschaftlich geprägte Länder achten stark auf Orts- und Landschaftsbild, oft mit ergänzenden Gestaltungsvorgaben. Vorarlberg ist bekannt für Holzbaukompetenz und eine Kultur der qualitätsvollen Baukultur, umgesetzt innerhalb des eigenen Landesrechts. Niederösterreich positioniert sich mit der Reform explizit bei der Erleichterung von Umbau und Sanierung im Bestand. Das ist in ländlich geprägten Regionen mit vielen Einfamilienhäusern und historischen Ortskernen besonders relevant.
Deutschland kennt landesrechtliche Bauordnungen, abgestützt auf eine Musterbauordnung. Auch dort ringt man mit der Frage, wie viel Pflichtstellplätze im verdichteten Bestand sinnvoll sind und wie Umnutzungen vereinfacht werden können. Viele Kommunen setzen auf Mobilitätskonzepte, die Stellplätze flexibilisieren. In der Schweiz ist die Kompetenz auf Kantone und Gemeinden verteilt. Dort prägen kantonale Baugesetze, kommunale Bau- und Zonenordnungen sowie technische Normen wie jene der SIA das Regelwerk. Eine Gemeinsamkeit in der DACH-Region ist klar: Die Innenentwicklung, also die Nutzung und Revitalisierung bestehender Strukturen, gewinnt gegenüber der Ausweisung neuer Baugebiete an Gewicht. Niederösterreich reiht sich mit der Umbauordnung in diesen europäischen Trend ein.
Konkreter Bürger-Impact: Was ändert sich für den Alltag?
Für Eigentümerinnen und Eigentümer von Bestandsgebäuden ist die zentrale Botschaft: Sanierungen und Nutzungsänderungen werden planbarer, wenn die pflichtige Anpassung an den aktuellen Stand der Technik entfällt, solange sich die Bestandsqualität nicht wesentlich verschlechtert. Ein typisches Beispiel ist der Ausbau einer bestehenden Wohnung um einen kleinen Arbeitsraum oder das Zusammenlegen zweier Räume. Wenn dadurch keine relevante Verschlechterung bei Belichtung, Belüftung oder Schallschutz entsteht, sollen vereinfachte Regeln greifen. Das spart Gutachten, Planungszeit und Kosten.
Für Familien, die im Ortskern wohnen und über eine Dachsanierung nachdenken, kann die Reduktion einzelner Detailauflagen den Ausschlag geben, ein Projekt überhaupt zu starten. Gleiches gilt für kleine Gewerbebetriebe, die in einem Altbau eine Mischnutzung planen, etwa Wohnen und Praxis. Die Lockerung der Stellplatzverpflichtung bei geringfügigen Ausbauten ist besonders für enge Lagen wichtig, in denen zusätzliche Parkplätze kaum herstellbar sind. Voraussetzung bleibt, dass die Gemeinde Parkraum- und Mobilitätsfragen im Blick behält, damit der öffentliche Raum nicht überlastet wird.
Für Mieterinnen und Mieter können sich positive Effekte ergeben, wenn durch vereinfachte Umbauten leerstehende Wohnungen wieder nutzbar werden und der Druck auf die Mieten nachlässt. Die Reform verspricht, dass durch weniger komplexe Verfahren und geringere Nebenkosten bei Bauprojekten am Ende Miet- und Eigentumspreise gedämpft werden. Ob und in welchem Ausmaß dieser Effekt eintritt, hängt jedoch von Marktumfeld, Finanzierungskosten, Baupreisen und kommunaler Steuerung ab. Gerade deshalb ist der Konnex zwischen Umbauordnung, Ortsentwicklung und Mobilitätskonzepten entscheidend.
Für Gemeinden entsteht mehr Handlungsspielraum, aber auch Verantwortung. Wo ein Bebauungsplan besteht, ist die Zustimmung des Gemeinderates Voraussetzung für die Wiedererrichtung innerhalb der bestehenden Kubatur. Das stärkt die lokale Steuerung, verlangt aber auch klare Kriterien, transparente Kommunikation und Beratung für Bürgerinnen und Bürger. Für Planerinnen, Planer und Baubehörden eröffnet das Straffen der Verfahren die Chance, Ressourcen vom Formalen hin zur Qualitätssicherung und Beratung zu verlagern.
Zahlen und Fakten: Was belegt die Aussendung – und was nicht?
Die vorliegende Quelle nennt die wesentlichen Leitlinien der Reform, führt aber keine konkreten Kennzahlen, Quoten oder Kostenspannen an. Es gibt keine ausgewiesenen Statistiken zur durchschnittlichen Verfahrensdauer, zu Einsparpotenzialen je Projekt oder zu erwarteten zusätzlichen Wohneinheiten, die durch die Umbauordnung aktiviert werden könnten. Ebenso fehlen quantitative Angaben zu den Leerständen in Niederösterreich nach Ortstyp oder Baualter. Das bedeutet: Eine seriöse Bewertung in Zahlen bleibt vorerst offen.
Dennoch lassen sich aus den Eckpunkten Wirkungsmechanismen ableiten. Erstens: Wenn weniger Nachweise gefordert werden und weniger Normen bindend sind, sinken Planungs- und Konsultationskosten, insbesondere für kleine Maßnahmen. Zweitens: Die Lockerung der Stellplatzverpflichtung reduziert Fixkosten gerade dort, wo Garagenplätze technisch schwierig wären. Drittens: Die Möglichkeit der Wiedererrichtung in gleicher Kubatur erleichtert Investitionsentscheidungen, weil die rechtliche Ausgangslage klarer ist. Viertens: Durch Gemeinderatszustimmung in Gebieten mit Bebauungsplan bleibt die Steuerungskompetenz vor Ort gesichert, was die Akzeptanz fördert.
Für eine belastbare Wirkungsanalyse wären ergänzende Daten sinnvoll, etwa: Anzahl und Anteil der Sanierungs- und Umnutzungsprojekte im Ortskern vor und nach der Reform, mittlere Verfahrensdauern, Anteil der Projekte, die an Stellplatzpflichten scheiterten, sowie Indikatoren zur Bodenversiegelung. Bis solche Zahlen vorliegen, ist die Bewertung der Reform vor allem qualitativ: Sie adressiert konkrete Hürden und setzt auf Anreize für den Bestand.
Rechtlicher Rahmen und Rechtssicherheit
Die Kritik und die Zustimmung zur Reform werden sich wesentlich an der Rechtssicherheit messen. Die geplanten Änderungen benennen Fälle, in denen die Pflicht zur Anpassung an den aktuellen Stand der Technik entfällt. Wichtig bleibt, dass Sicherheitsstandards, insbesondere Brand- und Standsicherheit, nicht unterschritten werden. Für Bürgerinnen und Bürger ist wesentlich: Die Bauordnung ist Landesrecht, aber technische Regeln und Energievorschriften sind häufig mit bundes- und europarechtlichen Vorgaben verzahnt. Wer baut oder saniert, sollte qualifizierte Planung beiziehen, damit Vereinfachungen nicht zu Folgekosten führen, etwa wenn Schallschutz zu stark reduziert wird und Nutzungen kollidieren.
Die Rolle der Gemeinden ist doppelt: Sie begleiten Verfahren und tragen mit lokalen Plänen zur Qualität bei. Die vorgesehene Zustimmung des Gemeinderates bei Wiedererrichtungen in Gemeinden mit Bebauungsplan schafft demokratische Legitimation, verlangt aber klare Leitlinien, damit Entscheidungen nachvollziehbar bleiben. Transparenz, standardisierte Prüflisten und frühzeitige Beratungsgespräche können hier für Verlässlichkeit sorgen.
Praktische Beispiele aus der Anwendung
- Altbau im Ortskern: Ein Einfamilienhaus aus der Zwischenkriegszeit soll saniert und im Dachgeschoß geringfügig erweitert werden. Die neue Umbauordnung erspart umfangreiche Nachweise, solange keine wesentliche Verschlechterung der Belichtung entsteht. Das Projekt wird wirtschaftlich tragfähig.
- Mischnutzung im Bestand: Ein leerstehendes Geschäftslokal wird als Praxis mit angeschlossener Wohnung genutzt. Durch gelockerte Stellplatzvorgaben scheitert das Vorhaben nicht an fehlendem Platz für zusätzliche Parkplätze. Die Gemeinde begleitet mit Parkraummanagement.
- Wiedererrichtung in gleicher Kubatur: Ein stark sanierungsbedürftiges Gebäude wird abgetragen und in derselben Form neu errichtet. Bauklasse und Bauhöhe werden bei der Wiedererrichtung im Grundsatz unbeachtlich, die Zustimmung des Gemeinderates stellt die Einordnung in das Ortsbild sicher.
Einordnung im österreichischen Kontext
Die Reform folgt Leitbildern der Raumplanung, die Innenentwicklung bevorzugen. Bundesweit ist die Reduktion von Bodenversiegelung ein zentrales Thema. Niederösterreich verankert diesen Anspruch nun mit einer Umbauordnung, die Revitalisierung erleichtert. Das passt zu den praktischen Herausforderungen vieler Gemeinden: historischer Bestand, kleinteilige Eigentümerstruktur, begrenzte Mittel für umfassende Neubauprojekte. Die Vereinfachung in der Bauordnung kann hier als Hebel wirken, muss aber durch kommunale Konzepte flankiert werden – etwa durch Mobilitätspläne, Ortsbildrichtlinien und Fördermodelle für Sanierungen.
Wichtig ist auch der soziale Blick: Wenn Umnutzungen und Sanierungen leichter werden, steigt das Potenzial für zusätzlichen, leistbaren Wohnraum im Bestand. Gleichzeitig braucht es Schutzmechanismen gegen Verdrängung und eine kluge Nutzungsmischung. Die Bauordnung ist dafür nicht das einzige Instrument, doch sie setzt den Rahmen, in dem Gemeinden steuern und Eigentümerinnen und Eigentümer investieren.
Was jetzt für Planende und Bauwillige zählt
- Früh informieren: Gemeinden und Baubehörden werden voraussichtlich Leitfäden und Checklisten bereitstellen. Ein frühes Beratungsgespräch kann klären, ob das Vorhaben von den Erleichterungen profitiert.
- Bestand genau prüfen: Ob eine Verschlechterung der Bestandssituation vorliegt, ist eine fachliche Frage. Sorgfältige Bestandsaufnahme vermeidet Missverständnisse.
- Kommunalen Rahmen kennen: In Gemeinden mit Bebauungsplan ist die Zustimmung des Gemeinderates zentral. Wer Planungsziele und Ortsbildvorgaben kennt, beschleunigt sein Projekt.
- Mobilität mitdenken: Gelockerte Stellplatzvorgaben sind Chance und Auftrag zugleich. Ergänzende Maßnahmen wie Carsharing oder Verbesserungen beim Radverkehr sind hilfreich.
Zukunftsperspektive: Wie sich der Markt entwickeln könnte
Wenn die Reform wie angekündigt beschlossen wird, könnte Niederösterreich in den kommenden Jahren eine Belebung der Ortskerne erleben. Für Eigentümerinnen und Eigentümer sinkt die Schwelle, in alte Substanz zu investieren. Für Gemeinden eröffnet sich die Möglichkeit, Leerstände gezielt zu verringern und Infrastruktur effizienter zu nutzen. Wahrscheinlich werden Standardfälle – kleine Ausbauten, Umnutzungen, Wiedererrichtungen in gleicher Kubatur – häufiger in vereinfachten Verfahren abgewickelt. Das kann Bearbeitungszeiten reduzieren und Kapazitäten der Baubehörden für komplexe Projekte freispielen.
Eine zweite Entwicklung dürfte die Digitalisierung der Verfahren sein. Wenn Nachweise reduziert und Prozesse gestrafft werden, ist der nächste Schritt die elektronische Einreichung mit klaren Prüfroutinen. Das erhöht Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Drittens wird die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Planerinnen und Planern sowie Ziviltechnikbüros wichtiger: Je eindeutiger die Kriterien für wesentliche und unwesentliche Änderungen definiert sind, desto reibungsloser verlaufen Vorhaben. Insgesamt ist die Prognose positiv, wenn Flankierungsmaßnahmen – Mobilitätsstrategien, Ortsbildleitlinien, Sanierungsförderungen – zielgerichtet mit der Reform verzahnt werden.
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Vertiefende Hintergründe und Praxisleitfäden finden Sie in unseren Dossiers: Sanierung im Ortskern, Bauverfahren in Niederösterreich, Stellplatzverpflichtung und Alternativen.
Quelle und Transparenzhinweis
Die in diesem Beitrag dargestellten Eckpunkte stammen aus einer öffentlichen Aussendung des NÖ Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes, verbreitet über den Austro-Telegraphen-Dienst. Zur Quelle: ots.at. In der Aussendung werden keine quantitativen Statistiken genannt. Dieser Beitrag ordnet die Aussagen sachlich ein und erklärt Fachbegriffe für die allgemeine Leserschaft.
Fazit: Was die Reform für Niederösterreich verspricht
Die Reform der NÖ Bauordnung verfolgt ein klares Ziel: Bauen und Sanieren im Bestand einfacher und leistbarer zu machen, Ortskerne zu stärken und die Versiegelung neuer Flächen zu bremsen. Vereinfachungen bei Nachweisen, gelockerte Stellplatzpflichten für kleine Vorhaben und die Möglichkeit zur Wiedererrichtung in gleicher Kubatur bilden das operative Herzstück. Gemeinden behalten mit Bebauungsplänen und Gemeinderatszustimmung eine zentrale Steuerungsfunktion. Wie stark sich Mieten und Eigentumspreise tatsächlich entspannen, wird von Markt und Umsetzungspraxis abhängen.
Für alle, die vor einem Projekt stehen, lautet die Empfehlung: Die kommunalen Rahmenbedingungen prüfen, früh mit der Baubehörde sprechen und den Bestand fachlich sauber erheben. So lässt sich abschätzen, ob die Umbauordnung den entscheidenden Schub gibt. Bleiben Sie informiert und vertiefen Sie die praktischen Fragen in unseren Ratgebern – oder wenden Sie sich mit Ihren Erfahrungen und Fragen an unsere Redaktion. Wir begleiten die Umsetzung und werten neue Zahlen aus, sobald sie öffentlich vorliegen.






