Hitzeschutz-Verordnung: Streit um Bürokratiekosten

Redaktion

Am 27. Dezember 2025 polarisiert in Österreich die Hitzeschutz-Verordnung: Baubranche warnt vor Bürokratie, Regierung verweist auf Arbeitsschutz. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit liegen viele Detailfragen, die für Betriebe, Beschäftigte und Behörden entscheidend sind. Für Österreich hat das Thema unmittelbare Relevanz: Die Bauwirtschaft ist ein tragender Pfeiler der Realwirtschaft, und Arbeiten im Freien sind direkt von heißen Sommerperioden betroffen. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung auf Entbürokratisierung, um Unternehmen zu entlasten. Die Frage, ob die neue Verordnung praxistauglich ist oder vor allem zusätzlichen Aufwand erzeugt, steht damit im Zentrum einer Debatte, die über die Feiertage an Fahrt aufgenommen hat. Klar ist: Der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Hitze bleibt ein zentrales Anliegen. Offen ist, ob die nun gewählte Lösung das richtige Instrument ist oder ob bestehende Regeln besser genutzt und koordiniert werden sollten.

Hitzeschutz-Verordnung im Fokus: Kritik, Kontext und Chancen

Ausgangspunkt der aktuellen Diskussion ist eine Mitteilung des Österreichischen Baumeisterverbandes, wonach die angekündigte Hitzeschutz-Verordnung aus Sicht vieler Bauunternehmen vor allem neue Dokumentationspflichten schafft, ohne einen praktischen Mehrwert am Bau sicherzustellen. Der Verband argumentiert, in der Branche seien Hitzeschutz und UV-Prävention seit Jahren gelebte Praxis. Die Wortmeldungen richten sich nicht gegen den Arbeitnehmerschutz als solchen, sondern gegen zusätzliche Bürokratie und unklare Vollzugsfragen. Zugleich wird darauf verwiesen, dass die Bundesregierung wenige Tage zuvor ein Entbürokratisierungspaket beschlossen hat, das laut eigener Darstellung Bürokratiekosten in Milliardenhöhe reduzieren soll. Die Spannungsachse zwischen weniger Papieraufwand und mehr formalem Schutz zieht sich daher als roter Faden durch die Debatte.

Die Quelle dieser Position ist eine Pressemitteilung des Österreichischen Baumeisterverbandes, die unter anderem betont, dass unklare Definitionen in der Verordnung einen weiten Interpretationsspielraum für das Arbeitsinspektorat eröffnen könnten. Das kann, so die Kritik, zu Rechtsunsicherheit führen und damit gerade jene Planbarkeit untergraben, die Baustellenbetriebe mit ihren Auftraggeberinnen und Auftraggebern brauchen. Gleichzeitig verweist der Verband darauf, dass Kommunen bei Lärmschutzvorgaben mitentscheiden, ob Arbeiten in die kühleren Morgenstunden vorverlegt werden können. Verstärkt wird die Diskussion durch den Hinweis, dass wesentliche Regelungsinhalte bereits an Vorwarnstufen anknüpfen sollen, statt an konkrete akute Gefahrenlagen.

Begriffe verständlich erklärt

Hitzeschutz-Verordnung: Eine Verordnung ist ein rechtlich verbindlicher, untergesetzlicher Rechtsakt, der konkrete Vorgaben zur Umsetzung von Gesetzen macht. Eine Hitzeschutz-Verordnung würde demnach festlegen, wie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei Hitze konkrete Maßnahmen umzusetzen haben. Dazu zählen typischerweise organisatorische Schritte wie Anpassung von Arbeitszeiten, Bereitstellung von Trinkwasser, Schattenplätzen oder Pausenregelungen sowie Hinweise zu persönlicher Schutzausrüstung. Der Kernanspruch ist der Schutz vor gesundheitlichen Risiken wie Dehydration, Hitzestress oder UV-Schäden. Entscheidend ist, wie klar die Verordnung Pflichten formuliert, wie praxistauglich diese im Baustellenalltag sind und wie eindeutig der Vollzug durch Inspektionen erfolgt.

Evaluierungspflichten: Der Begriff bezeichnet die Pflicht, Gefahren und Belastungen systematisch zu bewerten, zu dokumentieren und Maßnahmen abzuleiten. Im Arbeitsschutz bedeutet Evaluierung, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Risiken erfassen, etwa durch Temperatur- und UV-Belastung, und daraus konkrete Schutzschritte ableiten. Evaluierungen müssen nachvollziehbar sein, regelmäßig aktualisiert werden und als Grundlage für Unterweisung und Organisation dienen. Für kleine und mittlere Betriebe sind Evaluierungspflichten besonders sensibel, weil sie Zeit und Know-how erfordern und bei unklaren Vorgaben überproportionalen administrativen Aufwand verursachen können. Gute Evaluierungen sind jedoch die Basis wirksamer Prävention, wenn sie schlank und anwendbar gestaltet sind.

Arbeitsinspektorat: Das Arbeitsinspektorat ist die Behörde, die in Österreich für die Überwachung des Arbeitnehmerschutzes zuständig ist. Es führt Kontrollen durch, berät Betriebe und kann Maßnahmen anordnen. Eine zentrale Aufgabe liegt darin, gesetzliche und untergesetzliche Vorgaben, wie Verordnungen, in der Praxis nachvollziehbar auszulegen. Je klarer eine Regelung ist, desto geringer ist der Interpretationsspielraum bei Kontrollen. Umgekehrt können offene Definitionen Unsicherheiten erzeugen. Der in der Diskussion oft betonte Ansatz beraten statt strafen setzt darauf, dass Inspektionen zunächst auf Aufklärung und Unterstützung abzielen, bevor es zu Sanktionen kommt. Für Betriebe ist planbarer Vollzug ein wesentlicher Faktor.

Vorwarnstufe: Unter Vorwarnstufe versteht man in diesem Kontext eine Phase erhöhter Aufmerksamkeit, in der Wetterdienste oder Behörden signalisieren, dass belastende Bedingungen wahrscheinlich sind. Sie unterscheidet sich von einer akuten Gefahrenlage, in der konkrete, bereits eingetretene Risiken bestehen. Wenn Pflichten schon an Vorwarnstufen geknüpft werden, müssen Schwellenwerte, Datenquellen und Auslösemechanismen besonders präzise definiert sein. Sonst besteht die Gefahr, dass Maßnahmen häufiger ausgelöst werden, als es der akuten Situation entspricht. Das kann zwar vorsorglich sein, aber auch Ressourcen binden und zu organisatorischen Reibungen führen, etwa bei Schichtplänen oder Baustellenlogistik.

Pönalisierungen: Pönalisierungen sind vertraglich vereinbarte Strafzahlungen, die fällig werden, wenn Fristen oder Leistungen nicht eingehalten werden. Am Bau sind Pönalen vor allem bei Terminverzug ein Thema. Wenn Hitzeschutz-Maßnahmen zu Baustellenunterbrechungen, Taktverschiebungen oder veränderten Arbeitszeiten führen, können Pönalen zum Konfliktherd zwischen Auftraggeberinnen und Auftraggebern und ausführenden Unternehmen werden. Der Baumeisterverband verweist darauf, dass Auftraggeberinnen und Auftraggeber durch realistische Zeitvorgaben und den Verzicht auf starre Pönalen die Umsetzung von Hitzeschutz erleichtern könnten. So wird die Verantwortung nicht allein auf die Baustelle verlagert, sondern fair entlang der Leistungskette verteilt.

Persönliche Schutzausrüstung: Persönliche Schutzausrüstung, kurz PSA, umfasst Ausrüstungsteile wie Helme, Handschuhe, Schutzbrillen, Schuhe und, im Kontext Hitze und UV, auch Kopfbedeckungen, Nackenschutz oder spezielle Textilien mit UV-Schutz. PSA ist die letzte Schutzebene in der klassischen Schutz-Hierarchie: zuerst Gefahr vermeiden, dann organisatorische und technische Maßnahmen setzen, erst danach PSA einsetzen. Für Hitzeschutz bedeutet das, dass Schattenplätze, Pausen, Wasser und Arbeitszeitgestaltung vorrangig sind. PSA ergänzt diese Schritte, indem sie zusätzliche Risiken reduziert. Wichtig ist, dass PSA richtig ausgewählt, angepasst, gewartet und den Beschäftigten verständlich erklärt wird.

Verordnung optische Strahlung: Dieser Begriff bezieht sich auf Regelungen, die den Schutz vor künstlicher und natürlicher optischer Strahlung betreffen, darunter UV-Strahlung. Ziel ist es, die Augen und die Haut der Beschäftigten vor Schäden zu bewahren. Am Bau ist nicht nur die Sonne relevant, sondern auch reflektierende Oberflächen oder besondere Arbeitsprozesse. Eine Hitzeschutz-Verordnung würde mit diesen Vorgaben zusammenspielen. Gute Praxis verlangt daher, Überschneidungen zu erkennen, Maßnahmen abzustimmen und Dokumentation so zu strukturieren, dass keine Doppelarbeit entsteht. So bleibt der Fokus auf wirksamem Schutz statt auf mehrfacher Papierproduktion.

Entbürokratisierungspaket: Der Begriff steht für politische Maßnahmen, die Unternehmen und Verwaltung von unnötigem Aufwand befreien sollen. Laut Bundesregierung verursachen bürokratische Pflichten jährliche Kosten in Milliardenhöhe. Entlastungen sollen helfen, Ressourcen auf produktive Tätigkeiten zu lenken. In diesem Spannungsfeld muss sich jede neue Verordnung bewähren: Sie sollte Mehrwert für Sicherheit und Gesundheit bringen, ohne dabei überbordende Dokumentationslasten zu erzeugen. Die Debatte um die Hitzeschutz-Verordnung entzündet sich genau an dieser Schnittstelle zwischen Schutzanspruch und Verwaltungsrealität, besonders für kleine und mittlere Unternehmen.

Historische Entwicklung: Arbeitsschutz, Klima und Praxis am Bau

Der Arbeitsschutz in Österreich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten schrittweise weiterentwickelt. Bereits lange vor der aktuellen Debatte wurden Grundpfeiler gelegt, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten systematisch in den Mittelpunkt stellen. Darunter fallen gesetzliche Vorgaben zu Gefahrenevaluierung, Unterweisungen, Präventionskonzepten und persönlicher Schutzausrüstung. Der Bau als besonders exponierte Branche war dabei stets ein Schwerpunkt, weil Tätigkeiten im Freien, Arbeiten in exponierter Höhe, mit Maschinen und wechselnde Baustellenbedingungen besondere Risiken bergen. Im Laufe der Jahre haben sich praktische Routinen etabliert, um auf Witterung, Saison und Projektphasen zu reagieren.

Parallel dazu ist die Aufmerksamkeit für Hitze- und UV-Belastungen gestiegen. Heiße Sommerperioden, längere Hitzewellen und veränderte Arbeitsbedingungen im urbanen Raum haben Betriebe und Behörden vor neue organisatorische Fragen gestellt. In der Praxis reagierten Unternehmen schon bisher mit einer Mischung aus Informationskampagnen, Schichtverschiebungen, Trinkwasserbereitstellung, Schattenplätzen und koordinierter Pausengestaltung. In vielen Fällen wurden solche Maßnahmen abgestimmt mit Empfehlungen von Präventionseinrichtungen und behördlichen Leitfäden. Die aktuelle Hitzeschutz-Verordnung würde diesen etablierten Umgang nun rechtlich konkretisieren oder ergänzen. Die Gretchenfrage bleibt, ob diese Konkretisierung die Praxis vereinfacht oder durch formale Pflichten erschwert.

Vergleiche: Bundesländer, Deutschland, Schweiz

Innerhalb Österreichs prägen unterschiedliche Rahmenbedingungen die Umsetzung: Gemeinden und Städte setzen Lärmschutzauflagen durch, die frühe Arbeitszeiten in Wohngebieten einschränken können. Für Baustellen, die Hitzespitzen ausweichen wollen, sind solche Vorgaben ein Schlüsselfaktor. In ländlichen Regionen lassen sich oft eher frühere Arbeitsfenster organisieren, in dicht bebauten urbanen Räumen ist das komplizierter. Damit entstehen regionale Unterschiede, obwohl der rechtliche Rahmen bundesweit gilt. Der Bund kann also Ziele setzen, die konkrete Machbarkeit hängt aber auch von kommunalen Entscheidungen ab.

In Deutschland spielen technische Regeln und Leitlinien eine wichtige Rolle, die Betrieben Orientierung geben, etwa für Innenräume und organisatorische Maßnahmen. Für Außenarbeitsplätze wie auf Baustellen wurden ergänzende Hinweise entwickelt, um Hitzebelastung zu reduzieren. In der Schweiz bestimmen behördliche Wegleitungen und Präventionsinhalte die Praxis; die Rolle von Beratungsangeboten ist dort traditionell stark. Der gemeinsame Nenner in allen drei Ländern: Ein Zusammenspiel aus Recht, Vollzug, Empfehlungen und betrieblicher Organisation entscheidet über die Wirksamkeit. Unterschiede bestehen vor allem darin, wie verbindlich Regeln formuliert sind und wie stark Beratung gegenüber Sanktionen betont wird.

Konkreter Bürger-Impact: Was die Verordnung für den Alltag bedeutet

Für Beschäftigte am Bau, also Arbeiterinnen und Arbeiter, Polierinnen und Poliere sowie Bauleiterinnen und Bauleiter, steht die Gesundheit an erster Stelle. Eine klare Verordnung kann helfen, Rechte und Pflichten sichtbar zu machen: Anspruch auf Pausen, Zugang zu Trinkwasser, Schattenplätze, Informationen über Hitzestress und UV-Risiken. Wenn Regeln verständlich und gut kommuniziert sind, erhöht das die Compliance und reduziert Missverständnisse auf der Baustelle. Für Beschäftigte bringt Rechtssicherheit zudem den Vorteil, dass gute Praxis zur Norm wird und nicht vom jeweiligen Projekt abhängig ist.

Für kleine und mittlere Bauunternehmen bedeutet eine zusätzliche Verordnung aber auch Aufwand: Evaluierungen müssen erstellt, dokumentiert und aktualisiert, Unterlagen bereitgehalten und bei Kontrollen vorgelegt werden. Wenn Schwellenwerte, Datenquellen oder Abläufe unklar sind, entsteht Mehraufwand durch Rückfragen und Abstimmungen. In einem einfachen Beispiel muss ein Betrieb in Tirol oder Niederösterreich entscheiden, ob die Vorwarnstufe einer Wetterinformation bereits Pausenverlängerungen oder Schichtverschiebungen auslöst. Sind diese Antworten in der Verordnung gut definiert, lässt sich schnell handeln. Bleiben sie offen, sind Telefonate mit Auftraggeberinnen und Auftraggebern, Anpassungen der Lieferlogistik und Diskussionen mit der Bauaufsicht vorprogrammiert.

Auftraggeberinnen und Auftraggeber beeinflussen den Alltag erheblich. Zeitpläne, Vertragsklauseln und Pönalisierungen bestimmen, wie flexibel auf Hitze reagiert werden kann. Wenn Fristen knapp gestrickt sind, kollidiert Hitzeschutz mit Terminzwang. Werden hingegen Puffer und Optionen für Anpassungen eingeplant, steigen die Chancen, dass Schutzmaßnahmen ohne Kostenlawine umgesetzt werden. Gemeinden wiederum sind Schlüsselakteure, weil sie mit Lärmschutzauflagen Vorgaben für Arbeitszeiten setzen. Eine koordinierte Praxis, die im Sommer frühere Arbeitsfenster erlaubt, kann den Schutz verbessern, ohne die Anrainerinnen und Anrainer unzumutbar zu belasten. Transparente Kommunikation und Planung helfen, Konflikte zu vermeiden.

Zahlen und Fakten: Was heute auf dem Tisch liegt

Die Bundesregierung hat im Zuge ihres Entbürokratisierungspakets festgehalten, dass Bürokratiekosten den Staat Österreich jährlich mit rund 15 Milliarden Euro belasten. Diese Zahl hat die Debatte aufgeladen, weil sie den Anspruch unterstreicht, Unternehmen von unnötigem Aufwand zu befreien. Vor diesem Hintergrund bewerten viele Betriebe jede neue Regel kritisch auf ihren Nettoeffekt: Bringt sie einen klaren Sicherheitsgewinn pro investierter Stunde Dokumentation? Oder wird Doppeldokumentation erzeugt, die bereits bestehende Pflichten nur in neuer Form wiederholt? Die Antwort hängt davon ab, wie konkret, anschlussfähig und digital-tauglich eine Verordnung gestaltet ist.

Ebenfalls relevant ist die Frage der Vollzugspraxis. Wenn Interpretationsspielräume bestehen, wird die Linie des Arbeitsinspektorats darüber entscheiden, ob beraten oder sanktioniert wird, und wie schnell Betriebe Unsicherheiten abbauen können. In der Praxis hat sich vielerorts gezeigt, dass klare, digitale Vorlagen für Evaluierung und Unterweisung Aufwand reduzieren. Das ist besonders bei KMU wichtig, die keine eigene Rechtsabteilung haben. Dort zählt jede Stunde, die in Produktivität statt in Papier gebunden ist.

  • Die Kostenannahme von 15 Milliarden Euro pro Jahr stammt aus der politischen Kommunikation zum Entbürokratisierungspaket.
  • Die Kritik des Österreichischen Baumeisterverbandes zielt vor allem auf Dokumentationspflichten und unklare Definitionen.
  • Der Schutz vor Hitze und UV ist bereits in bestehenden Regelwerken verankert und wird in der Praxis vielfach umgesetzt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, nur auf gesicherte Aussagen zu bauen. Konkrete Schwellenwerte, verbindliche Messmethoden oder statistische Zeitreihen zur Hitzeentwicklung sind in der vorliegenden Quelle nicht enthalten und werden daher hier nicht spezifiziert. Klar ist jedoch, dass die praktische Wirkung jeder Verordnung an der konkreten Umsetzbarkeit gemessen werden wird.

Vollzug und Rechtssicherheit: Beraten statt strafen

Die Forderung beraten statt strafen zielt auf Verhältnismäßigkeit ab. In einem Umfeld, in dem Definitionen noch geschärft werden müssen, profitieren alle von einer Vollzugslinie, die Aufklärung, Schulung und Begleitung an erster Stelle setzt. Das bedeutet nicht, dass Verstöße folgenlos bleiben, sondern dass die erste Reaktion konstruktiv ist. Für Unternehmen erhöht das die Bereitschaft zur Kooperation. Für Beschäftigte verbessert es die Chance, dass Maßnahmen wirklich umgesetzt und nicht nur formal dokumentiert werden.

Rechtssicherheit entsteht durch Klarheit: Welche Wetterdaten sind heranzuziehen? Ab welcher Lage greifen welche Maßnahmen? Wer dokumentiert was, und in welchem Format? Je präziser diese Punkte sind, desto geringer ist der Interpretationsspielraum. Werden digitale Checklisten, standardisierte Formulare und anerkannte Datenquellen genannt, beschleunigt das die Anwendung und reduziert Streitfälle. Ein praxistauglicher Rechtsrahmen erkennt außerdem, dass Baustellen dynamische Umgebungen sind: Maßnahmen müssen flexibel, aber überprüfbar sein.

Praxisbeispiele: Wie Hitzeschutz funktionieren kann

Ein mittelgroßes Bauunternehmen in Linz plant im Sommer Straßenbauarbeiten. Statt starrer Tageszeiten werden zwei verschobene Schichten vereinbart, um die heißesten Stunden zu vermeiden. Ein mobiler Wasserwagen fährt die Baustelle in Intervallen an, temporäre Schattenspender werden entlang der Arbeitsabschnitte eingerichtet. Die Dokumentation erfolgt digital: Eine kurze Gefährdungsbeurteilung vermerkt Wetterlage, getroffene Maßnahmen, Unterweisung der Belegschaft und etwaige Anpassungen für den Folgetag. Die Leitung informiert die Auftraggeberseite, dass witterungsbedingte Anpassungen einkalkuliert sind und Pönalen hierbei nicht zur Anwendung kommen. Ergebnis: Schutzmaßnahmen greifen, ohne den Bauablauf auszuhebeln.

Ein anderes Beispiel betrifft eine innerstädtische Baustelle in Wien, wo Lärmschutzvorgaben frühe Starts erschweren. Hier wird die Lösung in einer Kombination aus lärmärmeren Tätigkeiten am Morgen, lärmintensiven Abschnitten am späteren Nachmittag und zusätzlichen Pausen gesucht. Die Gemeinde wird frühzeitig eingebunden, um Verständnis und Berechenbarkeit zu sichern. Je transparenter solche Lösungen kommuniziert werden, desto eher lassen sich Konflikte mit Anrainerinnen und Anrainern vermeiden und zugleich Gesundheitsschutz realisieren.

Ausblick: Wie die Hitzeschutz-Verordnung praxistauglich werden kann

Für die Zukunft zeichnen sich mehrere Pfade ab. Erstens: Präzisierung. Klar definierte Schwellenwerte, Datenquellen und Auslösemechanismen erhöhen die Rechtssicherheit. Wenn die Verordnung genau festlegt, wann und wie Maßnahmen zu ergreifen sind, sinkt der Interpretationsspielraum. Zweitens: Digitalisierung. Standardisierte, einfache Templates für Evaluierungen, Unterweisungen und Nachweise sparen Zeit. Mobile Lösungen auf der Baustelle erlauben eine Dokumentation mit wenigen Klicks. Drittens: Koordination mit Auftraggeberinnen und Auftraggebern. Werden in Ausschreibungen realistische Zeitfenster, Flexibilitätsklauseln und fair gestaltete Pönalisierungen vorgesehen, lässt sich Hitzeschutz ohne Kostenexplosion umsetzen.

Viertens: Kommunale Einbindung. Lärmschutz und Hitzeschutz müssen zusammen gedacht werden. Wenn Gemeinden in Hitzeperioden gezielt frühere Arbeitsfenster zulassen, steigt der Gesundheitsnutzen, ohne den Anrainerschutz grundsätzlich zu unterlaufen. Fünftens: Beratung stärken. Ein deutlicher Fokus des Arbeitsinspektorats auf informieren, begleiten und schulen hilft, Unsicherheiten zügig abzubauen. So entsteht eine Kultur, in der Arbeitsschutz und Effizienz keine Gegensätze sind. Schließlich: Kontinuität. Hitze- und UV-Prävention funktionieren dann am besten, wenn sie als wiederkehrende Routine verankert sind, gestützt durch regelmäßige Unterweisungen, Feedback der Mannschaft und laufende Verbesserung.

Die Debatte um die Hitzeschutz-Verordnung zeigt, dass Österreich eine doppelte Aufgabe lösen will: hohe Standards beim Arbeitnehmerschutz sichern und gleichzeitig unnötige Bürokratie vermeiden. Die Kritik der Bauwirtschaft, die sich auf zusätzliche Dokumentationslasten und unklare Definitionen bezieht, sollte als Einladung verstanden werden, die Regelungen nachzuschärfen. Je besser die Verordnung mit bestehenden Rechtsgrundlagen verzahnt ist, desto weniger Doppelarbeit entsteht. Je stärker Beratung und praxistaugliche Tools in den Vordergrund rücken, desto mehr wird der Schutz der Beschäftigten im Alltag spürbar.

Quellen und weiterführende Informationen

Primärquelle: Österreichischer Baumeisterverband, Pressemitteilung vom 27. Dezember 2025, abrufbar unter ots.at. Allgemeine Rechtsinformationen: Rechtsinformationssystem des Bundes ris.bka.gv.at. Präventionsangebote und Hinweise zum Arbeitsschutz: Informationen der Unfallversicherung, etwa auva.at. Bitte beachten: Externe Links führen zu Angeboten Dritter.

Schluss: Was jetzt zählt

Die wichtigsten Punkte in Kürze: Gesundheitsschutz bei Hitze ist unbestritten, aber Regeln müssen klar, digital-geeignet und praxistauglich sein. Die Bundesregierung will Bürokratie abbauen und gleichzeitig den Arbeitsschutz stärken. Genau hier entscheidet sich, ob die Hitzeschutz-Verordnung Vertrauen schafft oder Skepsis nährt. Für Betriebe braucht es eindeutige Schwellen, einfache Nachweise und planbaren Vollzug. Für Beschäftigte braucht es konkrete Entlastung an heißen Tagen, nachvollziehbar organisiert und gut kommuniziert. Für Auftraggeberinnen und Auftraggeber sowie Gemeinden braucht es Koordination, damit Zeitpläne und Lärmschutz mit Hitzeschutz in Einklang gebracht werden.

Wie sehen Sie das in Ihrem Umfeld: Welche Maßnahmen funktionieren auf Ihrer Baustelle, in Ihrem Betrieb oder Ihrer Gemeinde am besten? Teilen Sie Erfahrungen und Hinweise, damit gute Praxis sichtbar wird. Weitere Informationen finden Sie in der Primärquelle des Österreichischen Baumeisterverbandes sowie auf den Seiten des Rechtsinformationssystems des Bundes. Bleiben wir sachlich, lösungsorientiert und der Gesundheit verpflichtet.