Innovatives Wohnen: Genossenschaftstrend in Österreich

Redaktion

Am 22. Dezember 2025 steht genossenschaftliches Wohnen in Österreich besonders im Fokus: Zwei Projekte, die unterschiedlicher kaum sein könnten, zeigen denselben Weg – innovatives Wohnen mit Gemeinschaftssinn, fairen Regeln und klarer Verantwortung. In Wien setzt die von vielen beobachtete HausWirtschaft ein Zeichen, in Bregenz bereitet sich die Initiative WIR Lehenweg auf den Start vor. Beide Fälle berühren zentrale Themen in Österreich: leistbarer Wohnraum, soziale Durchmischung und die Frage, wie Stadt und Land künftig leben wollen. Wer heute über Wohnbau spricht, kommt an genossenschaftlichen Modellen nicht vorbei. Der Österreichische Genossenschaftsverband begleitet diese Entwicklung und macht deutlich, dass es um mehr geht als neue Gebäude: Es geht um Strukturen, Mitbestimmung und eine Kultur des Teilens, die den Alltag erleichtert. Und doch ist vieles offen: Wie tragen diese Modelle langfristig? Wie gestalten sich Selbstverwaltung und Finanzierung? Antworten entstehen dort, wo Menschen gemeinsam planen – und Verantwortung übernehmen.

Genossenschaftliches Wohnen als Trend: Projekte, Praxis, Perspektiven

Die aktuelle Entwicklung erhält Rückenwind durch eine Aussendung des Österreichischen Genossenschaftsverbands (ÖGV). Sie beschreibt einen spürbaren Trend: Neben den klassischen gemeinnützigen Bauvereinigungen wächst eine neue Form des genossenschaftlichen Wohnens, die Leben und Arbeiten, Privatheit und Gemeinschaft klug verbindet. In Wien hat die HausWirtschaft bereits vor zwei Jahren ein Modellprojekt verwirklicht und im Herbst den New European Bauhaus Prize der EU erhalten – eine Auszeichnung, die Innovationskraft, Nachhaltigkeit und soziale Qualität würdigt. In Bregenz geht mit WIR Lehenweg das nächste kooperative Bauprojekt an den Start; getragen von der neu gegründeten Genossenschaft GBW – Gemeinsam bauen und wohnen und begleitet durch den ÖGV.

Der Plan ist ambitioniert: In zentraler Lage von Bregenz sollen auf rund 2.100 Quadratmetern nicht nur Wohneinheiten, sondern vor allem großzügige Gemeinschaftsbereiche entstehen. Die Liste ist bewusst vielfältig: Werkstatt, Wäscherei, Bewegungs- und Begegnungsräume, Gästezimmer und ein Gemeinschaftsgarten. Wer heute über innovatives Wohnen spricht, meint genau diese Kombination – private Räume für den Rückzug, geteilte Räume für Begegnung und gegenseitige Unterstützung. Bereits rund die Hälfte der 42 vorgesehenen Wohnungen ist vergeben. Das unterstreicht das starke Interesse an gemeinschaftsorientierten Wohnformen und zeigt, dass Nachfrage und Idee zusammenpassen.

Projektstand, Zeitplan und Architektur

Mit dem Vorentwurf des Planungsbüros Raumlink in Kooperation mit der Architekturwerkstatt Grabher/Dworzak aus Lustenau hat das Vorarlberger Projekt im Jahr 2025 einen entscheidenden Schritt gesetzt. Die Planungsphase soll bis Ende 2026 abgeschlossen sein, der Baustart ist für 2027 geplant, die Fertigstellung für 2028 vorgesehen. Dieser Zeitplan ist für Projekte dieser Größenordnung realistisch, weil er sowohl die bautechnischen Schritte als auch die genossenschaftliche Entscheidungsfindung berücksichtigt. In kooperativen Projekten ist es üblich, dass zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner in bestimmten Phasen mitdiskutieren und Feinheiten mitgestalten. Das erfordert strukturierte Moderation und klare Prozesse – ein Aufwand, der sich später in höherer Identifikation mit dem Haus und stabilen Nachbarschaften auszahlt.

Die Initiatoren Martin Türtscher und Franz Rüf formulieren die Leitidee prägnant: „Gemeinschaftliches Wohnen gelingt nur, wenn die bauliche Hardware der sozialen Software folgt.“ Das siegreiche Planungsteam hat diese Anforderung in ein Konzept übersetzt, das gemeinsames Leben ermöglicht und gleichzeitig ausreichend Raum für Rückzug schafft. Barbara Pogacar, Leiterin des ÖGV-Gründerservice, ergänzt: „Für kooperative Projekte wie dieses ist die Genossenschaft die perfekte Rechtsform.“ Mehr Informationen bietet die Projektseite www.gbw-vorarlberg.at.

Fachbegriffe verständlich erklärt

Genossenschaft

Eine Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von Personen, die gemeinsame wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Ziele verfolgen und diese demokratisch organisieren. Im Kontext des Wohnens bedeutet das: Die Mitglieder sind Miteigentümerinnen und Miteigentümer der Organisation, nutzen die Wohnungen und bestimmen mit, wie gewirtschaftet wird. Entscheidungen fallen nach dem Prinzip eine Person, eine Stimme, unabhängig von der eingebrachten Kapitalhöhe. Diese Struktur schützt vor spekulativen Interessen, weil das Ziel nicht maximale Rendite, sondern nachhaltige Versorgung und gemeinsamer Nutzen ist. In der Praxis umfasst das Mitbestimmung über Hausordnung, Auswahl gemeinsamer Angebote, Budgetschwerpunkte und längerfristige Instandhaltungsstrategien.

Gemeinnützige Bauvereinigung

Gemeinnützige Bauvereinigungen sind spezialisierte Wohnbauträger, die nach festgelegten Regeln arbeiten und nicht primär auf Gewinn ausgerichtet sind. Sie errichten, verwalten und erhalten Wohnungen zu leistbaren Konditionen und unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben, etwa zur Verwendung von Überschüssen. Für viele Menschen bilden sie seit Jahrzehnten die Grundlage für stabilen Wohnraum. Der neue Trend des genossenschaftlichen Wohnens ergänzt diese Landschaft: Statt als Kundinnen und Kunden aufzutreten, beteiligen sich Bewohnerinnen und Bewohner als Mitglieder und wirken an Entscheidungen direkt mit. Dadurch entsteht ein anderer Zugang zu Verantwortung, Nachbarschaftsleben und Kostenwahrheit.

Kooperatives bzw. genossenschaftliches Wohnen

Kooperatives oder genossenschaftliches Wohnen bezeichnet Wohnformen, in denen die Hausgemeinschaft mehr ist als eine Summe einzelner Wohnungen. Typisch sind Gemeinschaftsflächen wie Werkstätten, Begegnungsräume, Gästezimmer oder Gärten, die den Alltag erleichtern: Man teilt Geräte, schafft Angebote für Kinder und Seniorinnen und Senioren, organisiert Veranstaltungen und stärkt das Zusammenleben. Der entscheidende Unterschied zum klassischen Mietshaus liegt in der Mitbestimmung und der Verantwortung: Was angeboten wird, wie Hausregeln aussehen und welche Investitionen sinnvoll sind, entscheiden die Mitglieder gemeinsam. Diese Mitgestaltung fördert Identifikation, beugt Konflikten vor und kann langfristig Kosten senken, weil Ressourcen effizienter genutzt werden.

Selbstverwaltung

Selbstverwaltung ist ein Kernprinzip genossenschaftlicher Projekte. Statt die gesamte Organisation an eine externe Hausverwaltung abzugeben, übernimmt die Gemeinschaft definierte Aufgaben selbst: von Arbeitsgruppen für Garten und Gemeinschaftsräume über die Abstimmung von Hausregeln bis zur Priorisierung von Instandhaltungen. Professionelle Unterstützung, etwa bei Buchhaltung, Recht oder Technik, bleibt wichtig; die Steuerung aber liegt bei den Mitgliedern. Das schafft Transparenz über Kosten und Entscheidungen, stärkt soziale Bindungen und sorgt dafür, dass Maßnahmen den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner entsprechen. Zugleich verlangt Selbstverwaltung klare Prozesse, Zeitbudgets und eine Kultur des respektvollen Umgangs.

Soziale Infrastruktur im Wohnbau

Unter sozialer Infrastruktur versteht man jene Einrichtungen und Räume, die das Zusammenleben erleichtern und soziale Teilhabe ermöglichen: Gemeinschaftsbereiche, Bewegungsräume, Gästezimmer, Werkstätten, aber auch Kommunikationsflächen wie Foyers oder Terrassen. In innovativen Wohnprojekten gelten sie nicht als Zusatz, sondern als integraler Teil – die „soziale Software“, die laut den Projektgründern die „Hardware“ des Gebäudes erst sinnvoll macht. Diese Infrastruktur fördert niederschwellige Begegnungen, hilft Einsamkeit vorzubeugen, unterstützt Familien im Alltag und bietet Seniorinnen und Senioren Nähe und Sicherheit. Langfristig können solche Räume Kosten im Gesundheits- und Pflegebereich reduzieren, weil Nachbarschaftshilfe und Alltagsunterstützung gestärkt werden.

New European Bauhaus Prize

Der New European Bauhaus Prize ist eine Auszeichnung der Europäischen Union, die Projekte ehrt, die Nachhaltigkeit, Ästhetik und Inklusion vereinen. Ausgezeichnet werden Initiativen, die innovative Lösungen für das Leben in der Stadt und am Land bieten und soziale, ökologische sowie gestalterische Qualität verbinden. Dass die Wiener HausWirtschaft diesen Preis im Herbst 2025 erhalten hat, ist ein deutliches Signal: Der Preis würdigt nicht nur architektonische Qualität, sondern vor allem die Verbindung von gemeinschaftlichem Nutzen, Klimasensibilität und guter Gestaltung. Für genossenschaftliches Wohnen bedeutet das Rückenwind und Sichtbarkeit über Österreich hinaus.

Planungsphase und Vorentwurf

Der Vorentwurf ist eine frühe, aber zentrale Phase im Planungsprozess: Auf Basis eines Raumprogramms, eines Budgets und der Ziele der Auftraggeberinnen und Auftraggeber wird ein Konzept erarbeitet, das die räumliche Organisation, den Charakter des Hauses und die Nutzungsverteilung festlegt. In kooperativen Wohnprojekten fließen hier bereits Rückmeldungen aus der künftigen Gemeinschaft ein. Der Vorteil: Bedürfnisse werden früh identifiziert, spätere Änderungen und Mehrkosten werden reduziert. Gleichzeitig braucht es eine Balance aus Beteiligung und professioneller Führung – Architektinnen und Architekten sichern technische und rechtliche Qualität, während die Gruppe Prioritäten und Alltagslogik einbringt.

Rechtsform Genossenschaft

Die Rechtsform Genossenschaft ist für Wohnprojekte deshalb passend, weil sie demokratische Kontrolle, Mitgliedernähe und langfristige Stabilität verbindet. Anders als bei klassischen Eigentumsmodellen steht nicht der Verkauf im Vordergrund, sondern die Versorgung mit Wohnraum. Der ÖGV als Service- und Revisionsverband unterstützt Gründungen, begleitet beim Aufbau von Strukturen und prüft, ob die Regeln eingehalten werden. Das verringert Risiken, schafft Vertrauen und erleichtert den Zugang zu Partnern wie Banken oder Kommunen. Für Bewohnerinnen und Bewohner bedeutet die Rechtsform Transparenz und Einflussmöglichkeiten – eine Basis für gute Entscheidungen über Jahrzehnte.

Historische Entwicklung: Von der Idee zur Bewegung

Genossenschaften haben in Österreich eine lange Tradition. Ursprünglich entstanden sie im 19. Jahrhundert, als sich Menschen zusammenschlossen, um wirtschaftliche und soziale Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen – etwa beim Einkaufen, in der Landwirtschaft oder beim Wohnen. Der Gedanke: Gemeinsam kann man günstiger einkaufen, fairer wirtschaften und Krisen besser überstehen. Im Wohnbereich entwickelten sich daraus Strukturen, die bis heute tragen: gemeinschaftliche Finanzierung, klare Regeln zur Nutzung und eine demokratische Organisation, die für Stabilität sorgt. Besonders in Städten schufen Genossenschaften in Zusammenarbeit mit Gemeinden Wohnraum, der nicht allein dem Markt überlassen blieb.

Mit den gemeinnützigen Bauvereinigungen etablierte sich ein weiterer Pfeiler des leistbaren Wohnens. Über Jahrzehnte ist eine Landschaft entstanden, die breite Schichten der Bevölkerung versorgt. Der aktuelle Trend setzt nicht bei Null an, sondern knüpft an diese Tradition an: Projekte wie HausWirtschaft in Wien und WIR Lehenweg in Bregenz aktualisieren das Prinzip, indem sie soziale Infrastruktur, ökologische Konzepte und neue Arbeitsformen – vom Co-Working bis zur Werkstatt – bewusst integrieren. Statt nur Wohnungen zu bauen, entwerfen sie Orte, die Alltag und Gemeinschaft verbinden. Das entspricht den Erwartungen vieler Haushalte: verlässliche Kosten, planbare Qualität, gute Nachbarschaften.

Vergleich: Bundesländer, Deutschland, Schweiz

Österreich zeigt eine vielfältige Wohnkultur. Wien ist für seine starke Tradition im geförderten Wohnbau bekannt; hier fällt es Projekten leichter, an Netzwerke und Erfahrung anzuknüpfen. Vorarlberg wiederum hat den Ruf, Architektur und Baukultur besonders sorgfältig zu denken – die Kooperation von Planungsbüro Raumlink mit der Architekturwerkstatt Grabher/Dworzak passt in diese Linie. In Bundesländern wie Tirol und Salzburg spielt zudem die Frage der Flächenknappheit eine große Rolle; dort sind kompakte, flächeneffiziente Lösungen mit gemeinschaftlichen Angeboten besonders attraktiv. In der Steiermark und in Oberösterreich stehen zunehmend Quartiersentwicklungen im Fokus, in denen Mobilität, Grünräume und Nahversorgung mitgedacht werden.

Der Blick nach Deutschland zeigt eine lebhafte Szene von Bau- und Wohngenossenschaften sowie sogenannten Baugemeinschaften. Viele Städte fördern partizipative Projekte, weil sie stabile Nachbarschaften und Vielfalt im Wohnungsbestand schaffen. Die Schweiz wiederum hat in Städten wie Zürich eine stark verankerte Genossenschaftskultur; zahlreiche Projekte zeigen, wie dauerhaft leistbarer Wohnraum und architektonische Qualität zusammengehen können. Für Österreich ist der Austausch mit diesen Nachbarländern wertvoll: Er bietet Praxiswissen zur Selbstverwaltung, zu Finanzierungsmodellen und zur Integration von Gemeinschaftsflächen. Zugleich sind die Rahmenbedingungen individuell – die Stärke des österreichischen Systems liegt in seiner Kombination aus gemeinnützigem Wohnbau und neuen genossenschaftlichen Initiativen.

Bürger-Impact: Was das für Bewohnerinnen und Bewohner bedeutet

Genossenschaftliches Wohnen wirkt unmittelbar auf den Alltag. Wer in einem Projekt wie WIR Lehenweg lebt, profitiert von geteilten Räumen und kurzen Wegen: Die Werkstatt spart Anschaffungen, die Wäscherei schafft Effizienz, Bewegungs- und Begegnungsräume fördern Gesundheit und Austausch. Gästezimmer entlasten kleinere Wohnungen, weil Besuch bequem unterkommt. Der Gemeinschaftsgarten bringt frische Lebensmittel, Lernmöglichkeiten für Kinder und Begegnungen über Generationen hinweg. Gerade für Familien, Alleinerziehende sowie Seniorinnen und Senioren können solche Strukturen den Unterschied machen: Sie verringern Einsamkeit, erleichtern Betreuung und schaffen Verlässlichkeit im Viertel.

Auch finanziell kann genossenschaftliches Wohnen Vorteile bringen. Weil Ressourcen geteilt werden, sinken Anschaffungs- und Betriebskosten. Eine gut organisierte Selbstverwaltung erhöht Transparenz: Wofür wird Geld ausgegeben? Welche Wartungen sind sinnvoll? Was spart langfristig? Antworten entstehen im Dialog – und führen oft zu Entscheidungen, die Qualität und Kostensicherheit verbinden. Hinzu kommt Stabilität: Weil Mitglieder die Ziele mitbestimmen, sind kurzfristige, rein renditegetriebene Entscheidungen unwahrscheinlicher. Für Gemeinden ergeben sich positive Effekte, wenn Projekte in die Nachbarschaft ausstrahlen: Offene Veranstaltungen, Kooperationen mit Schulen oder Vereinen und gemeinsame Grünraumpflege stärken das Quartier.

Praktische Beispiele veranschaulichen das: Eine Alleinerziehende nutzt die Gemeinschaftswaschküche, vernetzt sich bei Begegnungstreffen und tauscht Babysitting-Dienste – der Alltag wird planbarer. Ein Pensionist findet im Bewegungsraum eine Gruppe für leichtes Training, trifft Nachbarinnen und Nachbarn im Garten und bleibt mobil. Studierende teilen Werkzeuge und Wissen in der Werkstatt und reduzieren ihre Kosten. Solche Effekte entstehen nicht zufällig, sondern werden architektonisch und organisatorisch vorbereitet. Das ist der Kern des Satzes, dass „die bauliche Hardware der sozialen Software folgt“.

Zahlen und Fakten zum Projekt WIR Lehenweg

Die bekannten Eckdaten sind klar: rund 2.100 Quadratmeter Fläche, 42 Wohneinheiten, vielfältige Gemeinschaftsangebote. Bereits etwa die Hälfte der Wohnungen ist vergeben – das signalisiert eine hohe Nachfrage und frühe Bindung an das Projekt. Der Zeitplan sieht den Abschluss der Planungsphase mit Ende 2026 vor, den Baustart 2027 und die Fertigstellung 2028. In Summe ergibt sich damit ein geordneter Projektverlauf über mehrere Jahre, der Raum für Beteiligung, Qualitätssicherung und die notwendige Abstimmung mit Behörden lässt.

Wichtig ist die richtige Einordnung der Fläche: Die 2.100 Quadratmeter umfassen sowohl private als auch gemeinschaftliche Bereiche. Eine direkte Umrechnung in durchschnittliche Wohnungsgrößen wäre daher irreführend. Aussagekräftiger ist die Beobachtung, dass Gemeinschaftsflächen Kapazitäten bündeln: Eine Werkstatt wird nur einmal gebaut und von vielen genutzt, ein Gästezimmer deckt gelegentlichen Bedarf mehrerer Haushalte ab. So entsteht Flächeneffizienz, ohne Lebensqualität zu verlieren. Dieser Ansatz lässt sich wirtschaftlich und ökologisch begründen, weil er Material, Energie und Kosten spart.

Rolle des ÖGV und Bedeutung der Begleitung

Der Österreichische Genossenschaftsverband begleitet WIR Lehenweg und unterstützt die Genossenschaft GBW – Gemeinsam bauen und wohnen. Als Service- und Revisionsverband bringt der ÖGV Erfahrung in Gründung, Organisation und Prüfung ein. Das ist in frühen Phasen ebenso wichtig wie später im Betrieb: Gründungsberatung, Schulungen für Gremien, klare Rollen und Pflichten sorgen dafür, dass Entscheidungen tragfähig sind und die Regeln eingehalten werden. Für Partnerinnen und Partner – etwa Banken, Gemeinden oder Planungsbüros – schafft diese Begleitung Verlässlichkeit. Das erhöht die Chancen, dass Projekte zeit- und budgetgerecht realisiert werden.

Lehren aus der HausWirtschaft in Wien

Die HausWirtschaft in Wien gilt als Leuchtturmprojekt, das kooperatives Leben und Arbeiten unter einem Dach demonstriert. Der Gewinn des New European Bauhaus Prize im Herbst 2025 zeigt, dass die Verbindung von Gemeinschaft, Gestaltung und Nachhaltigkeit überzeugt. Aus solchen Projekten lernen nachfolgende Initiativen, wie man Prozesse strukturiert, wie Gemeinschaftsflächen betrieben werden und wie man eine Kultur des Miteinanders verankert. Für Bregenz heißt das: Es gibt erprobte Vorbilder, aber jede Stadt, jedes Quartier hat eigene Bedingungen. Die Kunst liegt darin, Prinzipien zu übertragen und dabei lokale Besonderheiten ernst zu nehmen.

Vergabestand und Nachfrage: Was die frühe Resonanz bedeutet

Dass bereits rund die Hälfte der 42 Wohneinheiten vergeben ist, dokumentiert eine klare Nachfrage nach gemeinschaftsorientierten Projekten. Für die Planung ist das ein Vorteil: Je früher die künftige Gemeinschaft Gestalt annimmt, desto besser lassen sich Angebote zuschneiden – von der Größe bestimmter Räume bis zur Ausgestaltung von Werkstatt oder Bewegungsraum. Frühzeitige Klarheit erleichtert auch die Organisation der Selbstverwaltung: Arbeitsgruppen können sich noch vor Baubeginn formieren, Regeln werden gemeinsam entworfen, und die Identifikation mit dem Projekt wächst.

Konkrete Ansatzpunkte für die Umsetzung

  • Klar definierte Beteiligungsphasen mit transparenten Entscheidungen
  • Professionelle Moderation für Gruppenprozesse und Konfliktprävention
  • Frühe Betriebsplanung für Gemeinschaftsbereiche
  • Kompetenzaufbau in Finanzen, Recht und Haustechnik
  • Kooperation mit Gemeinde und Nachbarschaft für gute Einbettung

Zukunftsperspektive: Wohin sich genossenschaftliches Wohnen entwickeln kann

Bis 2028 wird WIR Lehenweg voraussichtlich zeigen, wie eine neue Generation genossenschaftlicher Projekte in Österreich funktioniert: mit klaren Prozessen, vielfältigen Gemeinschaftsflächen und verlässlichen Strukturen. Denkbar ist, dass weitere Initiativen in Vorarlberg und darüber hinaus folgen – oft inspiriert von sichtbaren Vorbildern. Die Chancen liegen in starker Nachbarschaft, flächeneffizienten Angeboten und stabilen Kosten. Herausforderungen betreffen vor allem die Balance zwischen Offenheit und Verbindlichkeit: Beteiligung braucht Zeit und Regeln, und Selbstverwaltung muss planbar organisiert werden. Gute Vorbereitung, Schulungen und klare Aufgabenprofile sind daher entscheidend.

Auf Systemebene könnte genossenschaftliches Wohnen zum wichtigen Baustein einer vielfältigen Wohnversorgung werden. Neben gemeinnützigen Bauvereinigungen ergänzen Genossenschaften das Angebot mit Projekten, die soziale Infrastruktur in den Mittelpunkt stellen. Kommunen profitieren, wenn solche Häuser positive Impulse in das Viertel tragen. Für die Bewohnerinnen und Bewohner steht im Mittelpunkt, dass Wohnen mehr ist als Quadratmeter: Es ist der Alltag mit Nachbarinnen und Nachbarn, die Möglichkeit, Räume zu teilen, und die Gewissheit, an Entscheidungen mitzuwirken. Wenn diese Elemente zusammenfinden, entsteht eine zukunftsfähige Wohnkultur.

Rechtlicher Rahmen und Qualitätssicherung

Seriöse Projekte achten auf klare rechtliche Grundlagen, transparente Mitgliedschaftsmodelle und nachvollziehbare Finanzierungen. Der ÖGV als Revisionsverband ist hier eine zentrale Instanz, weil er Qualität und Ordnungsmäßigkeit prüft. Für Interessierte bedeutet das: Vor dem Beitritt informieren, Statuten lesen, Zuständigkeiten und Pflichten kennen. Gute Projekte schaffen hierfür Informationsabende, Dokumente in verständlicher Sprache und Ansprechstellen für Fragen. Qualitätssicherung endet nicht mit der Schlüsselübergabe – sie setzt sich im laufenden Betrieb fort, etwa über jährliche Berichte, Budgetabstimmungen und Evaluierungen, die den Alltag im Haus beleuchten und verbessern.

Weiterführende Informationen und Quellen

Ausgangspunkt dieses Berichts sind Informationen aus der Presseaussendung des Österreichischen Genossenschaftsverbands. Details und laufende Updates zum Projekt in Bregenz stellt die Genossenschaft GBW – Gemeinsam bauen und wohnen auf gbw-vorarlberg.at bereit. Der ÖGV informiert als Service- und Revisionsverband über Gründungs- und Beratungsangebote für genossenschaftliche Projekte. Für Interessierte empfiehlt sich, konkrete Projektunterlagen direkt bei den Trägern anzufordern und Informationsveranstaltungen zu besuchen.

Schluss: Ein Trend mit Substanz

Genossenschaftliches Wohnen in Österreich verbindet Tradition und Innovation: demokratische Strukturen, soziale Infrastruktur und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Projekte wie die HausWirtschaft in Wien und WIR Lehenweg in Bregenz zeigen, dass innovatives Wohnen nicht nur ein Schlagwort ist, sondern gelebte Praxis – mit Werkstatt, Wäscherei, Bewegungs- und Begegnungsräumen, Gästezimmern und einem Garten als Herzstück des Alltags. Wer sich interessiert, findet beim ÖGV und direkt bei den Projekten Ansprechstellen für den Einstieg. Die offene Frage bleibt: Wie weit trägt das Modell, wenn es größer wird? Die kommenden Jahre bis 2028 bieten die Chance, Antworten zu geben – in Bau, Betrieb und im Miteinander der Hausgemeinschaften.