Wien (OTS) – Die leptomeningeale metastatische Erkrankung (LMD) ist
eine
schwerwiegende Komplikation bei fortgeschrittenen soliden Tumoren,
insbesondere bei Brust- und Lungenkrebs. Aufgrund aktuell begrenzter
Behandlungsmöglichkeiten führt die Ausbreitung der Krebszellen in der
Hirnhaut innerhalb kurzer Zeit zum Tod. Ein internationales
Forschungsteam unter Leitung von MedUni Wien und AKH Wien hat nun
erstmals im Rahmen einer klinischen Studie den Wirkstoff Patritumab
Deruxtecan (HER3-DXd) bei Patient:innen mit LMD getestet. Die
vielversprechenden Ergebnisse wurden nun zeitgleich bei der
Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in
Chicago präsentiert und im Top-Journal „Nature Medicine“ publiziert.
Im Rahmen der sogenannten TUXEDO-3-Studie wurden 20 Patient:innen
mit LMD an sieben Kliniken in Österreich und Spanien, darunter das
Universitätsklinikum AKH Wien, mit Patritumab Deruxtecan (HER3-DXd)
behandelt. HER3-DXd ist ein sogenanntes Antikörper-Wirkstoff-
Konjugat, das noch nicht für den klinischen Einsatz zugelassen, aber
Gegenstand der Krebsforschung ist. Es besteht aus einem Antikörper,
der gezielt an den Rezeptor HER3 auf der Oberfläche bestimmter
Tumorzellen bindet, und einem daran gekoppelten Zellgift, das direkt
in die Krebszelle eingeschleust wird. Den an der aktuellen Studie
teilnehmenden Patient:innen mit unbehandelter LMD und überwiegend
Brust- oder Lungenkrebs als Grunderkrankung wurde HER3-DXd alle drei
Wochen intravenös verabreicht. Mit beachtlichem Erfolg, wie die
Untersuchungen des Forschungsteams um Matthias Preusser, Leiter der
Klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere
Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien, zeigen: Drei Monate nach
Therapiebeginn mit HER3-DXd waren mit 65 Prozent der Proband:innen
deutlich mehr Studienteilnehmer:innen noch am Leben als erwartet,
neurologische Symptome und Lebensqualität blieben bei den meisten
stabil oder besserten sich sogar.
Die leptomeningeale metastatische Erkrankung ist eine
schwerwiegende Form der Krebsmetastasierung, bei der sich Krebszellen
in der Hirnhaut oder in der Hirnflüssigkeit (Liquor) ausbreiten. LMD
tritt bei bis zu zehn Prozent der Patient:innen mit fortgeschrittenen
soliden Tumoren auf – am häufigsten bei Brust-, Lungenkrebs und
Melanomen. Die Symptome reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit,
neurologischen Ausfällen wie Lähmungen bis hin zu Sehstörungen und
Krampfanfällen. Ohne Behandlung liegt die Lebenserwartung oft bei nur
wenigen Wochen, mit Therapie (Bestrahlung oder direkt in den Liquor
verabreichte Chemotherapie) kann sie in Einzelfällen auf mehrere
Monate verlängert werden. Entsprechend hoch ist der medizinische
Bedarf an neuen Behandlungsansätzen.
„Unsere Studienergebnisse zeigen, dass intravenös verabreichtes
HER3-DXd bei Patient:innen mit leptomeningealer Metastasierung eine
vielversprechende klinische Wirksamkeit entfalten kann – und das bei
akzeptabler Verträglichkeit“, sagt Matthias Preusser. „Gerade bei
dieser schwer behandelbaren Erkrankung, die meist rasch zum Tod
führt, ist das ein aussichtsreicher neuer Ansatz.“ Neben dem
Tumorbefall der Hirnhäute wird HER3-DXd in der TUXEDO-3 Studie auch
bei Patient:innen mit Metastasen im Gehirn untersucht. Ziel ist es,
den Weg für eine neue Behandlungsoption für Patient:innen mit LMD und
Hirnmetastasen in Ergänzung zu laufenden Zulassungsstudien zu ebnen.
Publikation: Nature Medicine
Patritumab deruxtecan in leptomeningeal metastatic disease of solid
tumors: the
phase 2 TUXEDO-3.
Matthias Preusser, Javier Garde-Noguera, Juan José García-Mosquera,
María Gion, Richard Greil, Miriam Arumi, Manuel Ruiz-Borrego, Antonio
Llombart-Cussac, María Valero, Javier Cortés, Marta Campolier, José
Antonio Guerrero, Paula González-Alonso, Carlos Jiménez Cortegana,
Jose Rodríguez-Morató, Marta Vaz-Batista, Felicitas Oberndorfer,
Maximilian Marhold, Anna Sophie Berghoff, Julia Furtner, Thorsten
Fuereder, Rupert Bartsch.
https://doi.org/10.1038/s41591-025-03744-1