Wien (OTS) – Im kürzlich gestarteten Projekt DemiCare+ unter Leitung
des AIT
Center for Technology Experience wird der Fokus auf die
Depressionsprävention und KI-basierte Hilfe zur Selbsthilfe gelegt.
Wer es selbst erlebt hat, weiß, wie herausfordernd es ist:
Demenzkranke brauchen intensive Pflege und Rund-um-die-Uhr-Betreuung
und fordern pflegende Angehörigen daher massiv. Meist sind es
Ehepartner oder (erwachsene, teilweise selbst schon ältere) „Kinder“,
die ihre Eltern betreuen. Aufgrund der demographischen Entwicklung
steigt die Zahl von Menschen mit Demenz, die wiederum von ihren
Angehörigen betreut werden müssen. Laut aktuellem Demenzbericht 2025
, der kürzlich veröffentlicht wurde, leben rund 170.000 Menschen in
Österreich mit einer Form von Demenz, davon sind fast zwei Drittel
Frauen. Ab 2050 könnten es laut Schätzungen schon über 290.000 sein.
Sie alle benötigen fast durchwegs 24-Stunden-Betreuung.
Vielfach sind pflegenden Angehörige mit der Situation
überfordert, insbesondere bei fortschreitender Demenz und
Vergesslichkeit der Patient:innen. Ein Drittel der pflegenden
Angehörigen ist laut aktuellen Studien depressionsgefährdet. Genau
hier setzt das Projekt DemiCare+ unter Leitung des AIT Center for
Technology Experience an. Ziel ist es, pflegende Angehörige durch
digitale Lösungen und innovative Trainings zu unterstützen und
dadurch Depressionen gezielt entgegenzuwirken. Bereits im Vorprojekt
DemiCare wurde eine userzentrierte App entwickelt (
http://demicare.app ), die die pflegenden Angehörigen entlasten und
in ihrer Pflegekompetenz bestärken soll. Die App umfasste bislang
interaktive Module zu Themen wie demenzfreundliche Kommunikation,
Bewältigungsstrategien für den Pflege-Alltag mit einer Person mit
Demenz sowie Tipps zur Selbstfürsorge.
Zwtl.: Personalisierte Unterstützung und Depressions-Prävention im
Fokus
„Mit der Erweiterung des digitalen Angebots, das wir gemeinsam
mit den Projektpartner:innen und mit Anwender:innen entwickeln
wollen, können wir auf die oft sehr herausfordernde Situation noch
genauer eingehen und den Familienangehörigen von Menschen mit Demenz
ein assistierendes Hilfe-zur-Selbsthilfe-Angebot zur Verfügung
stellen“, erläutert Markus Garschall, Projektleiter und Forscher am
AIT Center for Technology Experience, das Ziel.
Das Projekt DemiCare+ fällt in den Forschungsbereich Social
Experience am AIT Center for Technology Experience. Es geht dabei
darum, technologische Innovationen voranzutreiben, die den
gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprechen, soziale Gerechtigkeit,
Diversität und Chancengleichheit fördern (Diversity Experience), die
Resilienz und Nachhaltigkeit verbessern und das Wohlbefinden der
Menschen steigern. Ziel der Forschung ist es, menschenzentrierte
Innovationen im Sinne des Digitalen Humanismus zu entwickeln und
allen Menschen Zugang zu digitalen Services und Lösungen zu geben (
Accessibility).
Beim von der FFG geförderten Projekt DemiCare+, das im April 2025
gestartet wurde, arbeiten die Forscher:innen des AIT Austrian
Institute of Technology unter anderem mit den Geriatrischen
Gesundheitszentren der Stadt Graz und dem Verein EURAG Österreich
zusammen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Entwicklung einer
integrierten Lösung zur Prävention von Depressionen bei pflegenden
Angehörigen. Die KI-basierte digitale Lösung soll individuell auf die
Probleme und alltäglichen Herausforderungen eingehen und aktiv,
präventiv und personalisiert Angehörige unterstützen.
Auch die Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz der pflegenden
Angehörigen soll im Projekt untersucht werden, um zu nachhaltig
wirksamen Lösungen zu kommen. „Wir haben dabei auch geplant, Daten
und Indikatoren, die auf frühzeitig auf eine Depression hinweisen,
wie etwa Schlafdauer und Anzahl der sozialen Kontakte, im Projekt
miteinzubeziehen“, erklärt Markus Garschall. „Wir gehen damit einen
großen Schritt in Richtung verstärkter Unterstützung für pflegende
Angehörige“, so Garschall.
Zwtl.: Resilienz der pflegenden Angehörigen verbessern
Mikrointerventionen auf der Grundlage der Positiven Psychologie (
PP) und der kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) werden angewandt, um
die Widerstandsfähigkeit und das Wohlbefinden der Betreuungspersonen
zu verbessern. Zu diesem Zweck werden sowohl Risikofaktoren wie die
Verringerung negativer Kettenreaktionen (z. B. Gefühle von Verlust
und Trauer) als auch Schutzfaktoren wie der Aufbau von
Selbstvertrauen und Wissen (z.B. Pflegekompetenz) angesprochen.
Ausgehend vom Informations- und Schulungsangebot in der
bestehenden DemiCare-App soll bei DemiCare+ das digitale Angebot
durch die Anbindung an lokale Pflegegemeinschaften und die
Integration relevanter lokaler Pflegedienste erweitert werden. Denn
vielfach ist noch eine bessere Koordination und Zusammenarbeit
zwischen pflegenden Angehörigen und professionellen
Pflegeeinrichtungen erforderlich. „Es ist wichtig, dass pflegende
Angehörige auch professionelle Unterstützung und Einrichtungen wie
Tageszentren für Menschen mit Demenz nutzen können, um entlastet zu
werden und „Freizeit“ zu haben“, betont Wolfgang Kratky,
Projektmitarbeiter von den Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt
Graz.
Zwtl.: Evaluation in drei Ländern – europäische Leitlinien schaffen
Von Anfang an stehen die Pflegepersonen im Mittelpunkt und werden
im Projekt laufend aktiv eingebunden. Neben der Umsetzung der
DemiCare+-App steht die begleitende Evaluation und Bewertung der
Wirksamkeit der digitalen Lösung zur Depressionsprävention in den
drei Ländern Österreich, den Niederlanden und Rumänien im
Vordergrund, indem sie in die lokalen Pflegekontexte (z. B.
psychiatrisches Krankenhaus, Hausarzt, kommunale Dienste) integriert
wird. Ziel ist die Integration der DemiCare+-Lösung in die
europäischen Gesundheits- und Sozialsysteme. „Darüber hinaus sollen
die Ergebnisse der Praxisphase auch die Erstellung allgemeiner
Leitlinien für die Einführung von präventiven digitalen
Gesundheitsmaßnahmen für pflegende Angehörige von Demenz-
Patient:innen in ganz Europa ermöglichen“, schildert Markus Garschall
die Vision.
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