Wien (PK) – Mehr Wettbewerbsfähigkeit sowie Deregulierung sind die
europapolitischen Prioritäten von Wirtschaftsminister Wolfgang
Hattmannsdorfer, für die er sich auf europäischer Ebene aktiv
einsetzen will. Das geht aus seinem Vorwort zum EU-Vorhabensbericht
für 2025 für die Bereiche Wirtschaft, Energie und Tourismus hervor (
III-150 d.B. ). Es brauche eine Vertiefung des Binnenmarkts, vor
allem im Bereich der Dienstleistungen, und eine echte
Kapitalmarktunion, so Hattmannsdorfer. Bürokratische Regelwerke wie
die Lieferkettenrichtlinie müssten vereinfacht und Gold Plating
vermieden werden. Im Hinblick auf die Energiepreise gelte es, gezielt
zusammenzuarbeiten und wettbewerbsfähige Preise zu gewährleisten. Für
die Sicherung der Verfügbarkeit von kritischen Rohstoffen im
industriellen Wandel seien Handelsabkommen sowie sektorspezifische
strategische Partnerschaften entscheidend. Nach einer Debatte heute
im Wirtschaftsausschuss nahmen die Abgeordneten den Bericht mit den
Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen zur Kenntnis.
Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU
Aus den Wettbewerbsthemen des Berichts griff Hattmannsdorfer in
der Ausschussdebatte etwa den „Competitiveness Compass for the EU“
sowie den „Clean Industrial Deal“ heraus. Ersterer stelle einen
zentralen Vorschlag der EU-Kommission zur Wettbewerbsfähigkeit mit
knapp 50 Maßnahmenvorschlägen dar, so der Bericht. Wichtig sei darin
aus österreichischer Sicht vor allem eine geplante Reduktion von
administrativen Lasten um mindestens 25 % für alle Unternehmen und um
mindestens 35 % für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Begrüßt
werde unter anderem auch eine angekündigte Beschleunigung von
Genehmigungsprozessen in energieintensiven und strategischen
Sektoren. Eine Übertragung weitreichender Steuerungskompetenzen wie
etwa in der Binnenmarkt-Koordination, bei der Nutzung von
Finanzierungsinstrumenten, im Bereich Verteidigung sowie bei der
Beschleunigung des grünen und digitalen Übergangs müsse aber im Sinne
des Subsidiaritätsprinzips kritisch hinterfragt werden.
Im veröffentlichten „Clean Industrial Deal“ der EU-Kommission
werde laut Bericht von Österreich unter anderem jener Teil begrüßt,
der konkrete Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren
vorsehen soll. Bei Klimaschutzmaßnahmen etwa im Zusammenhang mit dem
Europäischen Green Deal, dem EU-Emissionshandelssystem oder dem CO2-
Grenzausgleichsmechanismus gelte es aus österreichischer Sicht, einen
ausgewogenen Ansatz zu finden, der sowohl die wirtschaftlichen als
auch ökologischen Ziele berücksichtigt. Zudem müsse erhöhter
administrativer Aufwand einer eingehenden wettbewerbsrechtlichen
Überprüfung unterzogen werden. Außerdem unterstütze Österreich die
Gratiszertifikate für Exporte von Produkten in Drittstaaten ohne
vergleichbare Klimaschutzmaßnahmen.
Dargestellt werden darin etwa auch die aktuellen Agenden der EU-
Industrielegislative wie etwa der Net-Zero-Industry Act für saubere
Energietechnologien, der Critical Raw Materials Act im Hinblick auf
kritische Rohstoffe und der European Chips Act für den
Halbleitersektor. Etwa im Rahmen der Important Projects of Common
European Interest (IPCEI) nehme Österreich an zwei Projekten im
Bereich Mikroelektronik, zwei im Bereich Wasserstoff und einem im
Bereich Batterietechnologien teil.
Als ein künftiges Schlüsselthema nannte Hattmannsdorfer auf
Fragen von Andreas Ottenschläger (ÖVP) beispielhaft das
Batterierecycling, zu dem er beauftragt habe, die Möglichkeiten und
Chancen auszuleuchten. Was den digitalen Binnenmarkt betrifft, den
etwa Markus Hofer (NEOS) thematisierte, könne es aus Sicht des
Ministers nicht von Interesse sein, dass alle digitalen
Handelsplattformen und der „digitale Stammtisch“ zur Gänze außerhalb
Europas kontrolliert werden.
Zur Handelspolitik, auch im Hinblick auf die Situation mit den
USA, hielt Hattmannsdorfer fest, dass es wichtig sei, dass Europa mit
einer Stimme spreche. Was die Straße von Hormus betrifft, die
Maximilian Köllner (SPÖ) thematisierte, könne man nur „day-to-day“
Einschätzungen treffen. Er appellierte, die Alarmstimmung
herauszunehmen und wies außerdem darauf hin, dass die Route vor allem
Asien betreffe und nur zu einem sehr geringen Anteil Europa.
Vollinhaltlich unterstütze er das Reduzieren von Bürokratie,
meinte Hattmannsdorfer im Hinblick auf die „Omnibus“-Pakete. Im
ersten „Omnibus Simplification Package“, das im Februar 2025
veröffentlicht worden ist, hat die Europäische Kommission laut
Bericht gezielte Änderungen der EU-
Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie, der EU-Taxonomie-
Verordnung und der EU-Lieferkettenrichtlinie vorgeschlagen. Damit
sollen die Berichtspflichten für europäische Unternehmen reduziert
und auf Forderungen aus der Wirtschaft eingegangen werden. In den
kommenden Monaten seien weitere „Omnibus“-Pakete vorgesehen, die zur
Reduktion der bürokratischen Hürden für Unternehmen beitragen sollen.
Erschwingliche Energie und Versorgungssicherheit
Österreich begrüße grundsätzlich die Initiativen der Europäischen
Kommission im Aktionsplan für erschwingliche Energie, heißt es im
Bericht im Hinblick auf den „Affordable Energy Action Plan“ als Teil
des „Clean Industrial Deal“ der EU. Kurz- und mittelfristig lege
Österreich unter anderem Schwerpunkte auf beschleunigte
Genehmigungsverfahren im Bereich erneuerbarer Energien und auf den
gemeinsamen Beschaffungsansatz bei importiertem Erdgas und dem
Flüssiggas LNG. Langfristig sieht Österreich weiteres Potenzial in
gezielten Infrastrukturinvestitionen, einer integrierten europäischen
Elektrizitätsmarktgestaltung sowie in einer verstärkten,
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Kapazitätsmechanismen unter
Wahrung nationaler Souveränität und einer marktorientierten
Ausrichtung.
Für einen „europäischen Energiemarkt“ gebe es erste Ansätze, man
sei aber noch weit davon entfernt, meinte Hattmannsdorfer etwa zu
Fragen von Paul Hammerl (FPÖ). Klug sei es gewesen, dass Österreich
punkto Energie umfassend vorgesorgt habe, so der Wirtschaftsminister,
der auch auf die strategische Gasreserve für 90 Tage hinwies. Die
Speicherfüllstände für Gas würden sich derzeit bei 60 % bewegen. Zum
Thema russisches Gas meinte er zu Nachfragen von Leonore Gewessler (
Grüne), man stehe bedingungslos an der Seite der Ukraine. Wenn es in
Russland aber wieder ein demokratisches System gebe, sollte man die
Frage von Gaslieferungen wieder überdenken können.
Was die CO2-Gratiszertifikate betrifft, die Franz Jantscher (SPÖ)
ansprach, sei er aus standortpolitischen Überlegungen der Meinung,
dass diese verlängert werden müssten. Außerdem bekenne er sich zum
Krisenmechanismus, was die Energie-Preisgestaltung betrifft, hielt
der Minister fest. Man werde die EU-Rahmenbedingungen erörtern und
sehen, wie sie in die nationale Gesetzgebung umzusetzen seien. Zur
Energieeffizienz-Richtlinie habe man jedenfalls sämtliche Fristen
erfüllt, meinte er gegenüber Reinhold Binder (SPÖ).
Nachhaltiger Tourismus und gemeinsamer Datenraum
Die Europäische Kommission habe außerdem die Erarbeitung einer
neuen EU-Strategie für einen nachhaltigen Tourismus angekündigt, so
der Bericht. Österreich unterstütze den Fokus auf die Schwerpunkte,
die im Einklang mit dem österreichischen „Plan T – Masterplan für
Tourismus“ stünden. Für Österreich sei es besonders wichtig, dass die
Kommission die Besonderheiten des Tourismus in anderen
Politikbereichen ebenso umfassend berücksichtigt, etwa im Hinblick
auf Entbürokratisierung, Deregulierung und Vereinfachung. Ein
etwaiger Fokus auf nachhaltige Mobilität im Tourismus würde aufgrund
des langjährigen Schwerpunkts in Österreich unterstützt.
Nachhaltiger Tourismus stelle eine riesengroße Chance für
Österreich dar, hielt Hattmannsdorfer etwa auf Fragen von Andreas
Ottenschläger (ÖVP) und Elisabeth Götze (Grüne) fest. Er erwähnte
außerdem, dass die EU-Kommission für den Tourismus ein Online-
Konsultationsverfahren betreffend eine Balance zwischen Wachstum und
Lebensraum gestartet habe.
Fachkräfte und Attraktivierung der Berufsausbildung
Auch den Fachkräften, der Attraktivierung der Berufsausbildung
und der Förderung hochwertiger Arbeitsplätze widmet sich der Bericht.
So sehe auf EU-Ebene etwa ein Aktionsplan Maßnahmen gegen
Qualifikations- und Arbeitskräftemangel vor. Österreich begrüße die
Aktivitäten auf EU-Ebene, dem Fach- und Arbeitskräftemangel zu
begegnen. Der europäische Fokus solle insbesondere auf der Anwerbung
von Fachkräften aus Drittstaaten liegen, etwa durch konkrete
Maßnahmen wie der Weiterentwicklung der blauen Karte. Im Rahmen des
Dualen Systems würden in Österreich bereits mehrere Maßnahmen des
Aktionsplans umgesetzt, wie etwa die Weiterentwicklung der
Lehrberufe, die Förderung von Frauen in MINT-Berufen oder die
Unterstützung von Personen mit Migrationshintergrund. Darüber hinaus
trage unter anderem der Europäische Qualifikationsrahmen zur
Aufwertung von beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten bei. Sinnvoll sei
aus österreichischer Sicht unter anderem auch eine Weiterführung des
Programms Erasmus+.
Begrüßenswert sei etwa auch die Kommissions-Initiative „Union of
Skills“, so der Wirtschaftsminister. Relevant sind laut Bericht aus
österreichischer Sicht außerdem die Gewährleistung und Umsetzung
einer europaweiten Ausbildungsgarantie sowie Anstrengungen im Bereich
Vergleichbarkeit von Qualifikationen auf EU-Ebene (z.B. „Europäischer
Qualifikationsrahmen“ und „Europass“). Zudem brauche es eine
konsequente europaweite Aufwertung der Berufsbildung und
weitreichende Möglichkeiten ihrer Anerkennung. (Schluss
Wirtschaftsausschuss) mbu