Grüne befragten Innenminister zu „rechtsextremen Sprengstoffexperten“

Wien (PK) – „Arbeitet das BMI mit rechtsextremen Sprengstoffexperten
zusammen?“ –
unter diesem Titel initiierten die Grünen heute im Nationalrat eine
Kurzdebatte mit Innenminister Gerhard Karner über seine
Anfragebeantwortung zu diesem Thema. Im Zusammenhang mit Ermittlungen
gegen die „mutmaßlich rechtsterroristische Gruppierung Sächsische
Separatisten“ sei ein „anerkannter Sprengstoffexperte“ in den
Ermittlungsakten genannt worden. Dieser soll seine Fachexpertise dem
mutmaßlichen Rädelsführer der Gruppierung zur Verfügung gestellt
sowie einen dubiosen Waffendeal getätigt haben, so die Grünen. Trotz
diesen „bekannten eindeutigen“ Verbindungen zur rechtsextremen Szene
werde er offenbar als verlässlich gemäß dem österreichischen Waffen-
und Sprengmittelgesetz eingestuft und bis dato im Register für
Lehrgänge zur sicheren Durchführung von Sprengungen geführt.

In seiner schriftlichen Anfragebeantwortung hält der
Innenminister unter anderem fest, dass besagte Person keine Lehrgänge
mit dem Innenministerium durchgeführt habe. Zu konkreten Fragen der
Grünen etwa im Hinblick auf Überprüfung des Status der betreffenden
Person wird in der Beantwortung teils auf Datenschutz,
Amtsverschwiegenheit sowie die umfassende Judikatur des
Verwaltungsgerichtshofs hingewiesen, die den Behörden als Richtlinie
für ihre Entscheidungen diene.

Ein in der Sitzung eingebrachter Antrag der Grünen auf
Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung blieb in der Minderheit.
Die Grünen hätten mit der Anfrage unter anderem wissen wollen, welche
Maßnahmen der Innenminister plant, um sicherzustellen, dass Personen
mit rechtsextremen Verbindungen keinen Zugang zu sensiblen
Waffentechniken oder Sprengstoffausbildungen erhalten, kritisierte
Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Der Innenminister habe jedoch nur
geantwortet, dass er nicht dafür zuständig sei. Außerdem habe man
auch gefragt, ob es einen Anstieg an Waffenfunden im rechtsextremen
Milieu gebe. Die Antwort des Ministers sei gewesen, dass
entsprechende Statistiken nicht geführt würden. Das Innenministerium
sei aber sowohl für die Bekämpfung des Rechtsextremismus, als auch
für die Überwachung des Waffenrechts zuständig, so Prammer. Hätte es
tatsächlich keinen Überblick darüber, wäre das ein Skandal. Umgekehrt
sei aber dem Sicherheitsbericht zu entnehmen, dass sehr wohl
Aufzeichnungen bestehen müssten. Prammer warf dem Minister daher vor,
in der Anfragebeantwortung die Unwahrheit gesagt zu haben. Man könne
es sich nicht gefallen lassen, im wichtigen Interpellationsrecht bei
den Anfragen angelogen zu werden, hielt Prammer fest.

Lukas Hammer (Grüne) zufolge gebe es außerdem Nachweise, dass die
genannte Person zumindest mit einem Bediensteten des
Innenministeriums Ausbildungskurse abgehalten habe. Man habe also
einen Sprengstoffexperten, der Kontakte zu einer gewaltbereiten
Neonazi-Szene habe, und der das Vertrauen des Innenministeriums zur
Abhaltung von Fachkursen genieße, sagte Hammer. Die Antwort des
Ministers auf alle Fragen sei aber gewesen, dass er nicht zuständig
sei. Das halte er für einen Skandal. Die Anfragebeantwortung werfe in
diesem sensiblen Thema mehr Fragen auf, als sie beantworte, so
Hammer.

Karner: Klare Schwerpunkte gegen jedwede Form von Extremismus

Parlamentarische Anfragen seien ein wichtiges demokratisches
Mittel zur Kontrolle und Information der Abgeordneten, so
Innenminister Karner. Er wies unter anderem darauf hin, dass in den
letzten fünf Jahren über 3.000 solcher Anfragen an das
Innenministerium gestellt worden seien. Die Anfragebeantwortungen
würden nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet und von ihm
unterzeichnet.

Die Bundesregierung setze als klaren Schwerpunkt den Kampf gegen
jedwede Form von Extremismus, der Rechtsextremismus zähle neben dem
islamistische Extremismus zu den größten Bedrohungen für den
demokratischen Rechtsstaat. Die Direktion Staatsschutz und
Nachrichtendienst DSN führe etwa auch Schwerpunktaktionen durch, so
der Minister. Insgesamt seien allein im Bereich des Rechtsextremismus
im Jahr 2024 260 Hausdurchsuchungen und 53 Festnahmen erfolgt. Die
Daten aus dem jährlichen Verfassungsschutzbericht für 2024 sollen
Karner zufolge kommende Woche veröffentlicht werden. Die Polizei und
der Verfassungsschutz gehen gegen jedwede Form des Rechtsextremismus
bzw. des Extremismus und gegen illegalen Waffenhandel vor, betonte
der Innenminister. Zu einzelnen Personen könne und dürfe er aus
datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft geben.

ÖVP gegen Unterstellungen, SPÖ will weitere Diskussion

Bei dem Titel der Anfrage bleibe ihr „die Luft weg“, wandte sich
Margreth Falkner (ÖVP) gegen die Grünen. Allein die Fragestellung
unterstelle ohne Beleg eine Nähe der Sicherheitsbehörden zu
Extremisten und schaffe einen Generalverdacht, der unbegründet sei
und Misstrauen säe. Es habe keine Zusammenarbeit des
Innenministeriums mit rechtsextremen Sprengstoffexperten gegeben, so
Falkner. Festzuhalten sei, dass der Minister alle Fragen beantwortet
habe, die seinen Vollzugsbereich betreffen.

Wenn etwa zu Waffenfunden im rechtsextremen Bereich keine
Statistik geführt werde, sei das unbefriedigend, meinte Christian
Oxonitsch (SPÖ). Er gehe davon aus, dass das zumindest in Zukunft
passieren werde. Das Innenministerium müsse aus seiner Sicht
jedenfalls in der Frage von Ausbildungsanerkennungen im
Sprengstoffbereich involviert werden. Es werde hier einiges zu
diskutieren und anzuschauen sein, ob es Handlungsbedarf gibt. Es sei
nicht zufriedenstellend, wenn mit dem rechtsextremen Rand in
Verbindung stehende Personen mit einer Expertise im Bereich des
Sprengstoffs „irgendwo durchs Land ziehen“, hier brauche es ein
verstärktes Augenmerk darauf, so Oxonitsch.

Sicherheitsüberprüfungen im öffentlichen Dienst seien eine Frage
der staatlichen Sicherheit, so Sophie Marie Wotschke (NEOS). Es gelte
festzustellen, dass diese Menschen verlässlich sind und keine direkte
Gefahr für die Demokratie darstellen. In Zeiten, in denen der
Extremismus zunehme, stehe die Bundesregierung konsequent gegen
diesen – nicht nur im Nationalen Aktionsplan, sondern auch an Schulen
etwa mit dem Pflichtfach Demokratie.

Als ironisch „interessant“ befand es Werner Herbert (FPÖ), dass
in der Anfrage eine Person aus einem Gerichtsakt genommen werde, die
weder Beschuldigter noch Verdächtiger sei und mit Unterstellungen als
Anfrage an den Minister herangezogen werde. Was die Beschreibung
betrifft, dass die Person ein „anerkannter Sachverständiger“ sei,
meinte er, dass Sachverständige durch das Justizministerium bestimmt
würden. Die Grünen würden das Innenministerium treffen wollen, aber
bis vor nicht allzu langer Zeit sei Alma Zadić von den Grünen
Justizministerin gewesen, so Herbert. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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