Wien (OTS) – Am Montagabend wurde am Complexity Science Hub (CSH) in
Wien nicht
nur der Sommer eingeläutet, sondern auch ein deutliches Zeichen für
die Freiheit wissenschaftlichen Denkens gesetzt. „Forschung hat nur
Sinn, wenn sie frei ist. Ansonsten ist kein echter Erkenntnisgewinn
möglich“ , betonte Stefan Thurner , Präsident des CSH, in seiner
Begrüßung – auch mit Blick auf die prekäre Lage der Wissenschaft in
einigen Teilen der Welt.
Anlass war die feierliche Enthüllung der Giordano-Bruno-Skulptur des
Berliner Bildhauers Alexander Polzin im Garten des CSH – begleitet
von einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion, die den Geist des
16. Jahrhunderts mit den Herausforderungen des 21. verband.
Zwtl.: Giordano-Bruno-Skulptur
Die Giordano-Bruno-Skulptur – aus einem einzigen Fichtenstamm
gearbeitet und später in Bronze gegossen – erinnert an einen
Renaissance-Philosophen, der für seine religiöse Aufmüpfigkeit und
seine unkonventionellen Ideen über Unendlichkeit und Vielfalt im
Kosmos im Jahr 1600 mit dem Leben bezahlte. Sechs Meter hoch und 600
Kilogramm schwer, zeigt sie Giordano Bruno nicht in heroischer Pose,
sondern als geschundene, entgrenzte Gestalt: eine Menschenfigur mit
überstreckten Gliedmaßen und sechs Fingern an einer Hand, mit dem
Kopf in den Boden gerammt – und das mitten in der Zufahrtstraße des
CSH. Sie steht im Weg – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Mehr als zwanzig Jahre stand die Skulptur zuvor auf dem Campus
der Central European University (CEU) in Budapest, die ihren
Hauptsitz 2019 nach Wien verlegte. Nun findet auch die Skulptur eine
neue Heimat in Wien und wurde symbolisch durch CEU-Rektorin Shalini
Randeria an CSH-Präsident Stefan Thurner übergeben. „Die Skulptur
steht für einen Ort intellektueller Freiheit, in dem Wissenschaft
nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist – gerade in einer Zeit,
in der Fakten und Freiheit zunehmend unter Druck geraten“ , so
Thurner und Randeria. Thurner weiter: „Der CSH bringt Forschende aus
der ganzen Welt zusammen – und wird auch künftig ein Ort sein, an dem
freie Vordenker:innen eine offene und unabhängige wissenschaftliche
Heimat finden werden.“
„Wir sollten der Versuchung widerstehen, uns Giordano Bruno
anzueignen um unser Selbstbewusstsein im Kampf um die Freiheit der
Wissenschaften zu stärken“, mahnt Helga Nowotny , Vorsitzende des CSH
Science Advisory Board. „Stattdessen müssen wir uns fragen, wie wir
das kritische Denken innerhalb der Institutionen und in uns selbst am
besten fördern können.“
In den Eröffnungsstatements betonten auch Eva-Maria Holzleitner ,
Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung sowie
Veronica Kaup-Hasler , Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Wien, die
Bedeutung wissenschaftlicher Freiheit.
„Der Complexity Science Hub spielt eine Schlüsselrolle in einer
Vielzahl von Forschungsbereichen, die für unsere Gesellschaft von
immenser Bedeutung sind. Ob es um die Modellierung der Ausbreitung
von Krankheiten geht, um die Analyse von Finanzmärkten, um das
Verständnis urbaner Entwicklung oder um die Erforschung sozialer
Netzwerke – die hier gewonnenen Erkenntnisse tragen dazu bei, unsere
Welt besser zu verstehen und sie widerstandsfähiger, gerechter und
nachhaltiger zu gestalten“ , so Holzleitner.
„Hier am neuen Standort des Complexity Science Hub entstehen
Räume, in denen kluge Köpfe über Disziplinen hinweg an Lösungen für
die großen Fragen unserer Zeit arbeiten. Grundlagen- und
Anwendungsforschung sind das Fundament für Innovation – sie brauchen
Orte des Austauschs, der Reflexion und der Inspiration. Genau das
wird hier am neuen Standort möglich: ein lebendiger, offener Raum an
der Schnittstelle von Tradition und Zukunft“ , sagt Kaup-Hasler.
Zwtl.: Hochkarätige Podiumsdiskussion
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Helga
Nowotny, diskutierten Astrophysiker und Nobelpreisträger Didier
Queloz , der Präsident der Berliner-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften und Theologe Christoph Markschies und der Künstler
Alexander Polzin über Giordano Brunos Vermächtnis – über seine
Relevanz in autoritären Zeiten und den Brückenschlag zwischen
Wissenschaft, Kunst und Alltag. Die Antworten zeigten: Auch 425 Jahre
nach seiner Hinrichtung bleibt Bruno eine Figur von höchster
Aktualität.
Mit Musik, Gesprächen und stimmungsvoller Atmosphäre klang der
Abend schließlich aus. Was bleibt, ist mehr als eine Skulptur. Sie
steht nun dauerhaft im Garten des CSH – nicht als Zierde, sondern als
eindrückliches Sinnbild für die Wissenschaft selbst: unbequem,
visionär, manchmal widerständig – aber unverzichtbar.
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Zwtl.: ÜBER DEN COMPLEXITY SCIENCE HUB
Der Complexity Science Hub (CSH) ist Europas wissenschaftliches
Zentrum zur Erforschung komplexer Systeme. Wir übersetzen Daten aus
einer Reihe von Disziplinen – Wirtschaft, Medizin, Ökologie,
Sozialwissenschaften – in anwendbare Lösungen für eine bessere Welt.
Gegründet im Jahr 2016, forschen heute über 70 Wissenschafter:innen
am CSH, getragen von der wachsenden Notwendigkeit für ein fundiertes
Verständnis der Zusammenhänge, die unserer Gesellschaft zugrunde
liegen – vom Gesundheitswesen bis zu Lieferketten. Mit unseren
interdisziplinären Methoden entwickeln wir die Kompetenzen, um
Antworten auf heutige und zukünftige Herausforderungen zu finden.
Mitglieder des CSH sind AIT Austrian Institute of Technology,
BOKU University, Central European University (CEU), IT:U
Interdisciplinary Transformation University Austria, Medizinische
Universität Wien, TU Wien, TU Graz, Universität für Weiterbildung
Krems, Vetmeduni Wien, WU (Wirtschaftsuniversität Wien) und
Wirtschaftskammer Österreich (WKO).
csh.ac.at