Wien (OTS) – „Die Entscheidung Großbritanniens, das gescheiterte
Bahnprivatisierungsmodell endgültig zu beenden, ist ein lautes
Alarmsignal für alle, die in Europa weiterhin an neoliberale
Privatisierungsdogmen glauben“, kommentiert Roman Hebenstreit,
Vorsitzender der Verkehrsgewerkschaft vida, einen Bericht von ORF-
Online, wonach im Rahmen der geplanten Wiederverstaatlichung der
britischen Bahn am Sonntag ein erstes Zugsunternehmen wieder
verstaatlicht wurde. Innerhalb der nächsten zwei Jahre will die
britische Regierung alle Eisenbahnen wieder verstaatlichen.
„Was in Großbritannien passiert ist, war ein wirtschaftliches,
sicherheitspolitisches und gesellschaftliches Desaster – ausgelöst
von konservativen Regierungen, die sich als wirtschaftskompetent
inszenierten, mit ihrer Bahnprivatisierung des Personenverkehrs aber
nur Chaos, Abbau und Unsicherheit hinterlassen haben“, so Hebenstreit
weiter. In den 90er-Jahren wurde das britische Bahnnetz zerschlagen,
privatisiert und liberalisiert – mit fatalen Folgen: unterfinanzierte
Infrastruktur, explodierende Ticketpreise, unzählige Zugausfälle,
sinkende Löhne für Bahnbeschäftigte und wegen schlecht gewarteter
Infrastruktur tragische Unglücke, die zahlreiche Menschenleben
kosteten. „Diese Bahnpolitik selbst war aber kein Unfall. Sie war
eine bewusste Entscheidung mit Menschen als Versuchskaninchen einer
entfesselten Marktideologie“, warnt der vida-Gewerkschafter.
Das neoliberale Bahnexperiment sei endgültig gescheitert: „Der
Markt hat nicht versagt – er war nie geeignet, ein
gemeinwirtschaftliches Grundbedürfnis wie öffentlichen Bahnverkehr zu
steuern“, betont Hebenstreit weiter. Der Rückzug des Staates habe
nicht nur soziale Härte gebracht, sondern auch volkswirtschaftlich
immensen Schaden angerichtet, da den privaten Betreibern immer wieder
finanziell unter die Arme gegriffen werden musste.
Auch in Österreich habe es immer wieder Stimmen gegeben, die mehr
Wettbewerb auf der Schiene fordern und öffentliches Eigentum infrage
stellten. „Die britische Erfahrung ist eine klare Warnung: Wer bei
zentraler Infrastruktur auf Privatisierung setzt, spielt mit der
Zukunft unseres Landes. Die Bahn gehört in öffentliche Hand, mit
klaren Verantwortungen, fairem Lohnniveau und einem Fokus auf
Klimaschutz, Mobilitäts- und Versorgungssicherheit“, sagt
Hebenstreit.
Das Beispiel in Großbritannien muss Österreich und der
Europäischen Union eine Warnung sein: „Verkehrspolitik muss
gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und braucht keine
neoliberalen Privatisierungsrezepte. Der Öffentliche Verkehr ist ein
zentraler Pfeiler einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Das muss allen
politischen Parteien immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden“,
bekräftigt Hebenstreit abschließend.