Wien (PK) – Mit einer Stimmenmehrheit von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen
passierte
heute eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Universitäts- und
des Bildungsdokumentationsgesetzes den Wissenschaftsausschuss . Neben
Vereinfachungen für staatenübergreifende Studienprogramme sollen im
Universitätsgesetz (UG) befristete Ausnahmenregelungen – etwa bei der
Ausschreibungspflicht – geschaffen werden, die den Universitäten
angesichts aktueller Entwicklungen die Anstellung von
wissenschaftlichem Personal aus den USA erleichtern.
Umfangreiche Änderungen des Bildungsdokumentationsgesetzes (
BilDokG) zielen vor allem auf die Fortentwicklung des digitalen
Datenverbunds der Universitäten und Hochschulen (DVUH) ab. Das
betrifft insbesondere die Regeln über den Datenaustausch. In diesem
Zusammenhang sollen auch Schritte für die Schaffung eines
österreichweiten digitalen Studierendenausweises gesetzt werden. Zu
diesem brachten ÖVP, SPÖ und NEOS im Ausschuss einen
Abänderungsantrag ein. Demnach ist im Bildungsdokumentationsgesetz
auch die Herstellung des Einvernehmens mit dem Bildungsministerium
notwendig. Der digitale Studierendenausweis soll ab Sommersemester
2026 verfügbar sein, wie Wissenschaftsministerin Eva-Maria
Holzleitner im Ausschuss ankündigte.
Außerdem befassten sich die Abgeordneten mit einer Reihe von
Oppositionsanträgen, die allesamt mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und
NEOS vertagt wurden. So fordert die FPÖ eine Nationale Strategie und
ein Förderprogramm für erneuerbare Kraftstoffe sowie eine Opt-out-
Möglichkeit für Studierende von der Mitgliedschaft bei der
Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH).
Die Grünen setzen sich in ihren Initiativen für den Kampf gegen
die Radikalisierung auf digitalen Plattformen, die digitale
Souveränität der Verwaltung und ein neues Mensen-Konzept ein. Pläne
der Regierung bezüglich einer Messenger-Überwachung wollen sie
eingestellt wissen.
Änderung des Universitäts- und des Bildungsdokumentationsgesetzes
Mit der Novelle sollen Erleichterungen für gemeinsame
Studienprogramme mit internationalen Partnerhochschulen geschaffen
werden, etwa durch flexiblere Regelungen beim Mindeststudienumfang
und die Ausstellung gemeinsamer Abschlussdokumente in englischer
Sprache ( 96 d.B. ). Aufgrund einer „hochschul- und
forschungspolitischen Dringlichkeit“ soll den Universitäten zudem die
Anstellung von wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal aus
den USA erleichtert werden. Im Zeitraum 1. Juli 2025 bis 30.
September 2026 sollen etwa Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht
beim Abschluss von Arbeitsverträgen gelten, wenn es sich um
Angehörige des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals
handelt, deren Mittelpunkt der Forschungs- und Lehrtätigkeit in den
24 Monaten vor Abschluss des Arbeitsvertrags in den USA lag.
Österreich reagiere damit auf einen Brief, in dem
Forschungsminister:innen aus 13 EU-Ländern die EU-Kommission sowie EU
-Forschungskommissarin Ekaterina Zaharieva zu einem abgestimmten
Vorgehen zur Aufnahme von US-Wissenschafter:innen aufgerufen haben.
Im Fokus der Änderungen im BilDokG steht die Weiterentwicklung
des DVUH, der nun mit einer Schnittstelle an den Register- und
Systemverbund bei der Bundesrechenzentrum GmbH (RSV) angebunden
werden soll. Vorgesehen ist die Übermittlung bestimmter Daten von
Studierenden zur Schaffung eines Studierendenregisters. Dies soll
auch die Voraussetzungen für die Bereitstellung eines amtlichen,
digitalen Studierendenausweis für Universitäten, Pädagogische
Hochschulen und Fachhochschulen schaffen. Der Ausweis soll über die
eAusweise-Plattform des Bundes abrufbar sein. Die für den
Studierendenausweis erforderlichen Daten sollen aus dem geplanten
Studierendenregister kommen und die Bereitstellung der erforderlichen
Attribute über den RSV erfolgen. Die Umsetzung des digitalen
Studierendenausweises macht auch eine Novelle des Hochschulgesetzes
notwendig. Das Wissenschaftsministerium stellt diese Novelle in einem
gesonderten Schritt in Aussicht.
Koalition sieht „große Chancen für österreichische
Universitäten“, FPÖ besorgt über mögliche Anwerbung von Hamas-
Unterstützer:innen
Wissenschaftsministerin Holzleitner sagte in einer einleitenden
Stellungnahme, mit der Ausweitung des „Opportunity Hiring“ wolle
Österreich ein Zeichen der Solidarität und für Wissenschafts- und
Forschungsfreiheit setzen. Damit reagiere man auch auf den Wunsch von
Universitäten, die bereits mit konkreten Personen im Gespräch seien,
wobei es sich nicht nur um US-Bürger:innen handle, sondern auch um
Forschende aus Österreich, die derzeit in den USA tätig sind.
Österreich werde damit schnell auf die aktuelle Lage reagieren
können.
Das zweite wichtige Vorhaben sei der digitale
Studierendenausweis, der aufgrund der komplexen Datenverwaltung eine
längere Vorlaufzeit brauche. Ab dem Sommersemester 2026 soll er aber
verfügbar sein. Kleinere Adaptierungen im Universitätsgesetz zielen
laut der Ministerin auf Verbesserungen der Mobilität im Europäischen
Hochschulraum ab, etwa indem Zeugnisse auch auf Englisch ausgestellt
werden können.
SPÖ-Abgeordneter Heinrich Himmer begrüßte die Unterstützung der
Freiheit der Wissenschaft. Auch ÖVP-Wissenschaftssprecher Rudolf
Taschner sah eine Chance für die österreichischen Universitäten.
Letztlich werde es aber an diesen liegen, die richtigen
Personalentscheidungen zu treffen. NEOS-Wissenschaftssprecherin
Martin von Künsberg Sarre sah mit dem digitalen Studierendenausweis
eine langjährige Forderung ihrer Fraktion erfüllt. Was die Gewinnung
internationaler Forschung für Österreich angehe, so hoffe sie auf
weitere Maßnahmen in diese Richtung.
FPÖ-Wissenschaftssprecher Gerhard Deimek zweifelte, dass sich aus
dem geplanten Datenregister letztlich für Studierende und
Universitäten ein konkreter Nutzen ergeben werde. Er sah auch die
lange Speicherzeit von 99 Jahren kritisch.
Süleyman Zorba (Grüne) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu
den geplanten Schritten an. Er übte aber auch Kritik an der kurzen
Begutachtungsfrist.
FPÖ-Abgeordneter Martin Graf wollte wissen, warum in die
Umsetzung des Studierendenausweises auch das Bildungsministerium
einbezogen werden müsse. Die Notwendigkeit für ein erweitertes
„Opportunity Hiring“ erschließe sich für ihn nicht. Graf fragte, in
welchem Umfang man Forschende aus MINT-Fächern zu gewinnen hoffe. Er
gab auch zu bedenken, dass der erwähnte Druck auf Forschende in den
USA nicht zuletzt Personen betreffe, die wegen antisemitischer
Äußerungen oder Hamas-Verherrlichung aufgefallen seien. Diese wären
für Österreich kein Gewinn. Dieser Frage schloss sich auch FPÖ-
Abgeordneter Manuel Litzke an. Er wollte wissen, wie die
Bundesregierung verhindern wolle, dass auf diesem Weg etwa Hamas-
Unterstützer:innen nach Österreich gelangen.
Holzleitner: Universitäten entscheiden im Rahmen ihrer Autonomie
selbst über Anstellungen
Wissenschaftsministerin Holzleitner betonte, mit den gesetzlichen
Vorgaben wolle man gute Rahmenbedingungen für die Universitäten
schaffen, um Chancen für die Gewinnung hochqualifizierter
Forscher:innen zu nützen. Selbstverständlich seien Personen, die mit
Antisemitismus oder Verherrlichung der Hamas aufgefallen seien, in
Österreich nicht willkommen. Die Bundesregierung habe sich hier klar
positioniert und tue das weiter. Sie gehe jedenfalls davon aus, dass
die Universitäten im Rahmen ihrer Autonomie die für sie besten
Entscheidungen treffen werden. Sie wolle bewusst keine Zahlen nennen,
da Österreich den gesamten europäischen Hochschulraum im Auge habe.
Sie wisse aus persönlichen Gesprächen, dass sehr unterschiedliche
Personengruppen von der derzeitigen US-Administration unter Druck
gesetzt würden. Aus diesem Grund könne sie auch keine konkreten Namen
nennen, da diese Personen und ihre Familien durchaus Nachteile zu
befürchten hätten.
Was den digitalen Studierendenausweis betreffe, so sei die Länge
der Datensicherung darauf ausgelegt, dass die Nachweisbarkeit eines
Studiums jedenfalls über einen gesamten Lebenszyklus hinweg
sichergestellt werde. Der Ausweis und das Datenregister sollen auch
wesentliche Erleichterung für die Verwaltung bringen. Die
Einbeziehung des Bildungsministeriums sei notwendig, weil die
Pädagogischen Hochschulen in seine Zuständigkeit fallen. Was die
Kritik an der kurzen Begutachtungsfrist betreffe, so nehme sie diese
an und könne versichern, dass ihr Ressort um eine Verbesserung bemüht
sei.
FPÖ: Nationale Strategie und Förderprogramm für erneuerbare
Kraftstoffe
Für Gerhard Deimek (FPÖ) setzt die europäische Mobilitätspolitik
zu stark auf batterieelektrische Antriebe, wie er in einem
Entschließungsantrag ausführt ( 265/A(E) ). Eine erfolgreiche
Mobilitätspolitik brauche jedoch eine technologieoffene
Herangehensweise, die E-Fuels berücksichtige. Sie seien eine
praxistaugliche Alternative zur E-Mobilität, argumentiert Deimek. Er
fordert daher Mittel für ein Förderprogramm zur Entwicklung von
regenerativen Kraftstoffen zur Verfügung zu stellen und eine
nationale Strategie für den Ausbau erneuerbarer Kraftstoffe in
Österreich vorzulegen.
Obwohl Österreich hinsichtlich der Entwicklung regenerativer
Kraftstoffe „großes Potenzial“ aufweise, sei es „ins Hintertreffen
geraten“, bemängelte Deimek im Ausschuss. Dem widersprachen Joachim
Schnabl (ÖVP), Martina Künsberg Sarre (NEOS) und Elisabeth Götze (
Grüne). Schnabl betonte den hohen Stellenwert, den die
Technologieoffenheit im Regierungsprogramm einnehme und nannte
mehrere Projekte, die in diesem Bereich umgesetzt würden.
FPÖ fordert Freiwilligkeit der ÖH-Mitgliedschaft
FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf fordert für Studierende
eine Opt-out-Möglichkeit von der ÖH-Mitgliedschaft. Er hat einen
Initiativantrag vorgelegt, der auf eine entsprechende Ergänzung des
ÖH-Gesetzes abzielt ( 145/A ). § 1 Absatz 3 soll laut Graf um
folgenden Satz ergänzt werden: „Von der Mitgliedschaft ausgenommen
sind alle Studierenden, die bei der Zulassung zum Studium oder bei
der Meldung der Fortsetzung des Studiums den vorgeschriebenen
Studierendenbeitrag nicht entrichten.“
Manuel Litzke (FPÖ) sieht die ÖH aufgrund der geringen
Wahlbeteiligung von 22 % nicht demokratisch legitimiert. Er sowie
seine Fraktionskollegen Hermann Brückl, Christian Hafenecker und
Martin Graf verurteilten zudem, dass die ÖH linksextreme Angriffe auf
Andersdenkende billige und etwa auf Plakaten zur Gewalt aufrufe. Laut
Litzke und Graf unterstütze die ÖH auch die vom deutschen
Verfassungsschutz als linksextrem eingestufte „Rote Hilfe“.
Antonio Della Rossa, Wolfgang Moitzi (beide SPÖ) und Süleyman
Zorba (Grüne) strichen hingegen die Leistungen der ÖH sowohl als
Interessensvertretung als auch als Service- und Beratungseinrichtung
hervor. Laut Della Rossa habe sie „sicher keine ideologische Färbung“
und stehe allen Studierenden gleichermaßen zur Verfügung.
Grüne: Kampf gegen Radikalisierung auf digitalen Plattformen
Da soziale Medien die Radikalisierung beförderten, sollen sich
laut Süleyman Zorba (Grüne) die zuständigen Minister:innen auf
europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die EU-Kommission die im
Digital Services Act (DSA) vorgesehenen regulatorischen Regelungen
durchsetzt ( 43/A(E) ). Dabei seien vor allem die sehr großen Online-
Plattformen („VLOP“ laut DSA) zu Maßnahmen zur Risikominimierung
sowie zur Offenlegung und verständlichen Erklärung von
Empfehlungssystemen und Algorithmen zu verpflichten. Weiters sollen
sich die Minister:innen für die rasche Fortführung der laufenden
Verfahren gegen VLOP einsetzen. Angesichts der jüngsten
durchgeführten bzw. verhinderten Terroranschläge soll Österreich in
der EU auch dafür eintreten, dass über VLOP einstweilige Maßnahmen
gemäß Artikel 70 DSA verhängt werden, insbesondere die Aussetzung
algorithmischer Empfehlungssysteme bis zum Abschluss der Verfahren.
Schließlich sollen sie sich dafür einsetzen, dass die Nichteinhaltung
der Vorgaben des DSA deutliche Konsequenzen nach sich zieht und die
EU-Kommission abschreckende Geldbußen verhängt.
NEOS-Mandatarin Ines Holzegger begründete die Vertagung des
Antrags damit, dass ein ähnlicher Entschließungsantrag bereits im
Plenum angenommen worden sei und immer noch gelte. Sie habe außerdem
„vollstes Vertrauen“ in die EU-Institutionen, dass diese die von
Zorba angesprochenen Maßnahmen auch umsetze.
Grüne treten für digitale Souveränität der Verwaltung ein
In einer weiteren Initiative kritisiert Süleyman Zorba (Grüne),
dass die österreichische Verwaltung zu stark von den Produkten
internationaler Hightech-Konzerne abhängig sei ( 148/A(E) ). Er
fordert von der Bundesregierung daher einen konkreten Zeitplan zur
Umsetzung der umfassenden digitalen Souveränität der österreichischen
Verwaltung. Dieser müsse alle Bereiche von Software, Hardware über
Cloud-Dienste bis hin zu Open-Source-Plattformen umfassen. Weiters
gelte es, strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen,
die es ermöglichen, gezielt die österreichische und europäische
Entwicklung von Software, Hardware, Cloud-Diensten und Plattformen
voranzutreiben. Zudem sollen laut Zorba Fördermittel für Forschung
und Entwicklung im Bereich Open-Source-Software und die Entwicklung
von Förderprogrammen bereitgestellt werden, die insbesondere auf EPU,
KMU sowie Start-ups abzielen.
Die Bundesregierung habe sich in ihrem Programm klar zur
digitalen Souveränität bekannt und Arbeitsgruppen etwa zum Thema Open
-Source-Plattformen eingerichtet, erklärte Juliane Bogner-Strauß (ÖVP
) und stellte den Vertagungsantrag. Zudem brauche es in diesem
Bereich gesamteuropäische Lösungen.
Grüne: Nein zu Bundestrojaner und Messenger-Überwachung
Zorba und seine Fraktionskollegin Agnes Sirkka Prammer
kritisieren zudem Pläne der österreichischen Bundesregierung zu einer
umfassenden Überwachung von Messengerdiensten. Die Abgeordneten
fordern in einem weiteren Entschließungsantrag, Planungen in diese
Richtung umgehend einzustellen ( 207/A(E) ). Die Bundesregierung
solle vielmehr sinnvolle Maßnahmen zur Terrorbekämpfung erarbeiten
und sich auf europäischer Ebene für ein Verbot von Spionage-Software
einsetzen.
Im Ausschuss sprach Zorba kritische Stellungnahmen an, die im
Zuge der Begutachtung des Gesetzesentwurfes eingegangen sind. Rudolf
Taschner (ÖVP) begründete die Vertagung damit, dass erst auf den
finalen Gesetzesentwurf gewartet werden und dieser dann im
Innenausschuss behandelt werden sollte. Zorba bestritt dies, da der
Entwurf auch das Telekommunikationsgesetz betreffe.
Grüne fordern neues Mensen-Konzept
Sigrid Maurer (Grüne) weist in einem weiteren
Entschließungsantrag der Grünen darauf hin, dass laut
Regierungsprogramm die Mensen GmbH in eine zeitgemäße Struktur
umgebaut werden soll. Sie fordert von Wissenschaftsministerin
Holzleitner, einen Prozess einzuleiten, der unter Einbindung der
Österreichischen Hochschüler:innenschaft, der Österreichischen Mensen
-Betriebsgesellschaft sowie Expert:innen internationaler Hochschulen
ein neues Konzept für die Mensen an den österreichischen Hochschulen
hervorbringt ( 263/A(E) ). Die Ministerin soll dem Parlament bis
Jahresende über ein neues Mensen-Konzept Bericht erstatten, wünscht
die Abgeordnete.
Holzleitner begrüßte den Inhalt des Antrags und erklärte, dass
einige der Forderungen bereits unter Einbeziehung von Stakeholdern in
Arbeit seien. (Schluss Wissenschaftsausschuss) sox/wit