Wien/Eisenstadt (OTS) – Der 74. Österreichische Städtetag wurde heute
Nachmittag mit zwei
Fachforen fortgesetzt. Das Forum „Innovative Finanzierungsvarianten
für kommunale Projekte“ setzte sich damit auseinander, wie
Infrastrukturprojekte in Städten in herausfordernden Zeiten
finanziert werden können. Dabei müssen (EU-) Vergaberichtlinien und
Bonitätsanforderungen ebenso berücksichtigt werden wie ESG-Kriterien
(ESG – Environmental, Social und Governance, also Umwelt, soziale
Verantwortung & Unternehmensführung).
Es diskutierten KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald, Michael Santer
, Bereichsleiter Treasury & Public Finance Kommunalkredit Austria AG,
Martin Zojer , Leiter Public Sektor, Bank Austria, Mary-Ann Hayes ,
ESG-Expertin der Bank Austria, Christian Koch, Abteilungsleiter
öffentliche Finanzierung der Hypo Niederösterreich, Heinz Hofstätter,
Geschäftsführer der Finance & Risk Consult GmbH und Andreas
Kettenhuber , Senior Expert Public Finance der Kommunalkredit Austria
AG. Moderiert wurde das Forum von Robert Kleedorfer , Ressortleiter
Wirtschaft der Tageszeitung Kurier. Best-Practice-Beispiele rundeten
das Forum ab.
KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald sprach über aktuelle
Finanzierungsherausforderungen der Städte: „Zur Sicherung der
kommunalen Haushalte braucht es einen umfassenden Maßnahmenmix.
Gemeinden müssen Einsparungen umsetzen – etwa durch Aufgabenkritik (
mit Leistungsanpassungen) und verstärkter Zusammenarbeit (als
Regionsgemeinde neu denken). Damit verbunden ist auch die
Notwendigkeit, die Transferzahlungen zwischen Kommunen und Ländern
bei Pflege, Sozialhilfe und Gesundheit zu entflechten. Eine
grundlegende Reform der Grundsteuer kann notwendige Mittel für die
kommunale Daseinsvorsorge freispielen; kurzfristig könnte dies auch
durch eine Anhebung der Hebesätze gelingen. Darüberhinausgehend
bedarf es einer Reform des Föderalismus und damit verbunden der
Aufgaben und Strukturen und deren Finanzierung.“
Michael Santer von der Kommunalkredit Austria AG betonte: „Die
Refinanzierungsbedingungen für Städte und Gemeinden sind relativ
günstig, was wir uns wünschen ist mehr Kommunikation im Vorfeld. Denn
je komplexer die Materie ist, desto mehr denken wir nach, was es
kostet. Wir haben großes Verständnis für die Herausforderungen der
Städte und Gemeinden, wenn aber Risikomanager*innen von Insolvenz
lesen, werden sie nervös.“ Daher sein Appell: „Scheuen Sie sich
nicht, sich auszutauschen, zum Beispiel, ob es einen fixen oder
variablen Zinssatz gibt.“
Martin Zojer , Bank Austria, fragte in die Runde: „Derzeit werden
beinahe alle kommunalen Vorhaben über das bewährte
Finanzierungsprodukt des Kommunaldarlehens abgewickelt – ist die
Politik in Zeiten von knappen Mitteln bereit auch alternative Formen
der Finanzierung zuzulassen?“
Zwtl.: Hayes setzte bei Innovationen auf Nachhaltigkeit
Mary-Ann Hayes , ESG-Expertin der Bank Austria, ging in ihrer
Keynote auf Nachhaltigkeit bei der Finanzierung von
Infrastrukturprojekten ein: „Das Thema ESG und die umfangreiche
Regulatorik scheinen wieder in den Hintergrund zu rücken – haben wir
angesichts des fortschreitenden Klimawandels Zeit, nur auf
Freiwilligkeit zu hoffen? Wie kann sich eine Kommune durch die
Dokumentation nachhaltiger Investitionen den Zugang zu Finanzierungen
sichern?“
Zwtl.: Auswirkungen des Finanzmarktumfeldes und digitalisierte
Kreditausschreibungen für Städte
Christian Koch von der Hypo Niederösterreich sprach in seinem
Vortrag über die Steuerung kommunaler Finanzgeschäfte im aktuellen
Finanzmarktumfeld: „Es ist wichtig, einen Gesamtblick auf das
Portfolio zu werfen: wie es grundsätzlich ausgesteuert werden sollte,
wie es mit Zinssätzen und Liquidität aussieht – all diese Dinge
sollten berücksichtigt werden. Zudem sollte überlegt werden, was mit
dem Portfolio gemacht werden soll, welche Rahmenbedingungen man
ableiten kann. Dies ist ein dynamischer Prozess, der einmal im Jahr
evaluiert werden sollte. Die Entscheidung ist, ob fix oder variabel
verzinst werden soll beziehungsweise eine Mischung aus variablem und
fixem Zinssatz – abhängig von der Markteinschätzung.“ Zudem gehe es
darum, dass Risiko herauszunehmen und entsprechend mehr Planbarkeit
zu haben.
Heinz Hofstätter, Geschäftsführer der Finance & Risk Consult
GmbH, betonte die Vorteile für Kommunen und Banken von
digitalisierten Kreditausschreibungen und stellte seine digitale
Kreditplattform vor. Er sagte: „Wir sehen uns als Mediator*innen
zwischen Finanzinstitutionen und Finanzverantwortlichen der
Gemeinden. Wir stellen die Kredite der Städte und Gemeinden in
unserer Analyse dar, wir rechnen die Projekte durch, können
Zinskurven einpflegen und unsere Systeme werden mit den Buchhaltungen
der Städte und Gemeinden vernetzt. Ganz wesentlich ist, die Eckdaten
der Finanzierung darzulegen.“ Außerdem werde laut Hofstätter das
Nachhaltigkeitsthema ein wesentliches bleiben. Personalisierte
Digitalisierung bringe Vorteile für Gemeinden und Banken.
Best-Practice-Beispiele lieferte Andreas Kettenhuber , Senior
Expert Public Finance der Kommunalkredit Austria AG sagte: „Als
Banken haben wir Berichtspflichten.“ Informationen von Kreditnehmer*
innen würden helfen „etwa ein Energieausweis oder ein
standardisierter Fragebogen, zum Beispiel vom KDZ“. Das helfe in der
„Beurteilung und Klassifizierung der Kredite“. Bei einem Schulprojekt
mit 20 Millionen Euro, einer Bauphase von drei Jahren und einer
Kreditlaufzeit von 25 Jahren helfe laut Kettenhuber eine „persönliche
Beratung, weil es viele Parameter gibt, die einen Einfluss auf die
Finanzierung haben.“
Videos der gesamten Veranstaltung zum Nachschauen und weitere
Informationen finden Sie unter www.staedtetag.at
Laufend aktuelle Fotos zum Download unter:
https://www.picdrop.de/markuswache/Staedtetag_2025
Folgen Sie uns auf LinkedIn @Österreichischer Städtebund #
städtetag2025