Expert:innenforum des Bundesrats diskutiert über die Herausforderungen eines zukunftsfähigen Pensionssystems

Wien (PK) – Unter dem Titel „Zukunft des Pensionssystems“ widmete
sich heute ein
Expert:innenforum des Bundesrats im Parlament zentralen Fragen der
Altersvorsorge in Zeiten des demografischen Wandels. Im Zentrum
standen dabei die Vorträge von Expert:innen aus verschiedenen
Bereichen, die über die Herausforderungen und
Gestaltungsmöglichkeiten eines zukunftsfähigen Pensionssystems
referierten.

In ihren Eröffnungsworten unterstrich Bundesratspräsidentin
Andrea Eder-Gitschthaler, dass die steigende Lebenserwartung das
Pensionssystem vor neue Herausforderungen stelle. Bei Reformen
müssten die Bedürfnisse und Leistungen der älteren Generation
berücksichtigt und gleichzeitig faire Perspektiven für die Jüngeren
geschaffen werden.

Für Rudolf Mosler, Universitätsprofessor für Arbeits- und
Sozialrecht an der Universität Salzburg, ist die Erhaltung der
Nachhaltigkeit des Pensionssystems ein permanenter Prozess, der neben
den bisher stattgefundenen Anpassungen weitere Reformschritte
einfordere. Dem schloss sich der Ökonom Thomas Url an, der die
Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters als „dringend
notwendig“ erachtete. Beide Experten plädierten für eine zeitnahe
Umsetzung von Reformen, da lange Übergangsregelungen eingeführt
werden müssten.

Eder-Gitschthaler: Müssen finanzielle Nachhaltigkeit und soziale
Gerechtigkeit zwischen den Generationen wahren

Der demografische Wandel – insbesondere die Alterung der
Bevölkerung – stelle das Pensionssystem vor neue Herausforderungen,
die es mit Fakten und korrekten Zahlen zu bewältigen gelte, hielt
Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler in ihren
Eröffnungsworten fest. Reformoptionen müssten sowohl die finanzielle
Nachhaltigkeit sichern als auch die soziale Gerechtigkeit zwischen
den Generationen wahren. Dabei müssten die Bedürfnisse und Leistungen
der älteren Generation berücksichtigt und gleichzeitig faire
Perspektiven für die Jüngeren geschaffen werden, so die
Bundesratspräsidentin.

Da immer weniger Erwerbstätige einer steigenden Zahl von Personen
im Ruhestand gegenüberstehen würden, sind für Eder-Gitschthaler die
Förderung altersgerechter Arbeitsplätze sowie der flexible Übergang
in den Ruhestand, etwa durch die Einführung von Teilpensionen, von
zentraler Bedeutung. Außerdem brauche es Maßnahmen zur Verhinderung
von Altersarmut, da insbesondere Frauen durch Erwerbsunterbrechung
und Teilzeitarbeit häufig niedrigere Pensionen erhalten würden.

Mosler: Anpassung des Pensionssystems permanenter Prozess, der
weitere Reformschritte erfordert

Die Zukunft des Pensionssystems sei aktuell eines der wichtigsten
Themen in der Sozialpolitik, hielt Rudolf Mosler von der Universität
Salzburg in seinem Vortrag eingangs fest. Grundsätzlich sei das
österreichische Umlageverfahren relativ stabil, die Erhaltung der
Nachhaltigkeit aber ein permanenter Prozess. Neben den bisher
stattgefundenen Anpassungen seien weitere Reformschritte
erforderlich. Mosler nannte etwa die mehrfachen Einschränkungen bei
der Frühpension, den Wechsel auf eine Lebensdurchrechnung, die
Einführung des Pensionskontos oder den Angleich des
Frauenpensionsantrittsalters an jenes der Männer. Künftige Reformen
müssten vor allem aufgrund der steigenden Lebenserwartung und den
damit verbundenen steigenden Kosten für das Pensionssystem geschehen.

Je nach Standpunkt gibt es laut dem Experten verschiedene
Optionen, um auf den demografischen Wandel zu reagieren. Dies könne
durch erhöhte Pensionsbeiträge, einen erhöhten Staatszuschuss, durch
Leistungskürzungen oder durch eine Verlängerung der Erwerbstätigkeit
erreicht werden. Bei der Koppelung des Antrittsalters an die
Lebenserwartung sei aber zu berücksichtigen, wie es gelingen könne,
Menschen über 65 Jahre in Beschäftigung zu halten oder zu bringen.
Ansonsten würden wiederum höhere Kosten für die
Arbeitslosenversicherung oder die Sozialhilfe anfallen. Neben einer
längeren Erwerbstätigkeit seien aber auch die Vollbeschäftigung, eine
aktive Arbeitsmarktpolitik, Bildungsmaßnahmen und die Verringerung
des Gender-Pension-Gaps zentrale Schlüssel zur Finanzierung des
Pensionssystems. Für Erl sind bei weiteren Reformen jedenfalls lange
Einschleifregeln und Übergangsphasen zwingend notwendig, da die
bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Grenzen bei
Eingriffen in das Pensionssystem setze.

Url: Dringend notwendig, das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu
erhöhen

Das österreichische Pensionssystem sei zwar „extrem
leistungsfähig“, habe aber auch seine Grenzen, die man in jeder
Budgetkrise stärker zu spüren bekommen würde, betonte der Ökonom
Thomas Url in seinen Ausführungen. Es sei aufgrund der durch den
medizinischen Fortschritt steigenden Lebenserwartung – Url sprach von
einem Anstieg um ein Lebensjahr pro Jahrzehnt – „dringend notwendig“,
das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Aufgrund der dazu
notwendigen langen Übergangsperioden müsse dies rasch geschehen. Auch
im internationalen Vergleich würden die Österreicher:innen etwa ein
Jahr früher als im EU-Durchschnitt und sogar drei Jahre früher als
die Schweizer:innen in den Ruhestand treten.

Zudem plädierte der Ökonom dafür, den Ausdruck Pensionsreform
positiv zu besetzen. Dies sei notwendig, um das fehlende Vertrauen
von jungen Menschen in das Pensionssystem wiederzugewinnen. Aktuell
würden rund Dreiviertel der 20 bis 30-Jährigen nicht an eine
ausreichende staatliche Pension glauben. Zudem dürften Reformen nicht
als Leistungskürzung, sondern als eine gleichmäßigere Verteilung des
Pensionseinkommens auf eine erhöhte Anzahl von Leistungsjahren
betrachtet werden. (Fortsetzung Expert:innenforum Bundesrat) med

HINWEIS: Fotos von der Enquete finden Sie im Webportal des
Parlaments . Die Enquete des Bundesrats wurde live in der Mediathek
des Parlaments übertragen und ist dort als Video-on-Demand abrufbar.