Wien (OTS) – Der internationale Handel mit Second-Hand-Kleidung (SHK)
ist mehr als
nur ein ökologischer Akt der Wiederverwertung: Er ist zu einem
weltweiten Entwicklungsinstrument geworden. Aktuelle Studien zeigen,
wie SHK in Afrika Millionen Menschen Arbeit verschafft,
Steuereinnahmen generiert, Versorgungslücken schließt und
gleichzeitig zum globalen Klimaschutz beiträgt. Gleichzeitig
entstehen in Europa zehntausende grüne Arbeitsplätze entlang der
Lieferkette.
Zwtl.: 1. Ostafrika: Aufstiegschancen und Gleichstellung
Laut einer Studie des Sustainable Manufacturing and Environmental
Pollution Programme von 2024 erzielte Uganda allein im Jahr 2022 über
70 Mio. USD an SHK-bedingten Steuereinnahmen. Der Handel bietet etwa
50.000 Menschen auf dem Owino-Markt in Kampala ein Einkommen, bei
einer Abfallquote von unter 1,5 % – weit entfernt vom Vorurteil der
„Textilmüllflut“. In Uganda sind 42 % der Händler*innen und 45 % der
Geschäftsinhaber*innen Frauen. In Tansania sehen 99 % der
Marktteilnehmer*innen gleichberechtigte Chancen im SHK-Handel. Über
60 % der Einzelhändler*innen haben sich wirtschaftlich
hochgearbeitet. (Quelle: UNCTAD / Full Cycle Resource, 2024)
Zwtl.: 2. Ghana: SHK als sozialer Stabilisator
In Ghana arbeiten laut einer Studie der Ghana Used Clothing
Dealers Association (GUCDA) rund 10 % der Bevölkerung im SHK-Sektor
und 95 % tragen Second-Hand-Kleidung. 2022 generierte der Handel mit
Second-Hand-Kleidung 29,5 Mio. USD an Steuern – mehr als das
staatliche Programm zur Armutsbekämpfung (LEAP). Nur etwa 5 % der
Kleidung gelten als Abfall. SHK schließt Versorgungslücken und
ergänzt lokale Produktion ohne sie zu verdrängen.
Marlvin Owusu, Vorstandsmitglied der GUCDA, wies bei der
Vorstellung der Studie auf strukturelle Defizite im Abfallmanagement
hin: „Wir sind nicht die Müllhalde Europas. Second-Hand-Kleidung ist
ein wichtiger Wirtschaftszweig bei uns, der die Lebensgrundlage von
Millionen Menschen sichert“ , so Owusu. „Es benötige Gebühren von den
Herstellern von Fast Fashion für den Ausbau von Recycling- und
Abfallbehandlungsanlagen auch in Afrika.“ (Quelle: GUCDA &
Metropolitan Research Bureau, 2024)
Zwtl.: 3. Südliches Afrika: SHK als Jobmotor
Laut einem Bericht von Dr. Joseph Feyertag, ehemaliger
Wissenschaftler am Grantham Research Institute on Climate Change &
the Environment, schafft jede importierte SHK-Tonne rund 6,5
Arbeitsplätze. In Ländern wie Angola, Sambia und Malawi sind über
1,28 Mio. Menschen im SHK-Sektor beschäftigt – das sind ca. 25 % des
gesamten Dienstleistungssektors. Frauen übernehmen dort zentrale
Aufgaben in Verkauf, Sortierung und Weiterverarbeitung. Die
jährlichen Steuereinnahmen betragen über 73 Mio. USD. (Quelle: Dr.
Joseph Feyertag, red. Prof. Patrick Diamond, 2024 / Humana People to
People)
Zwtl.: 4. Europa & Afrika: Partnerschaft mit Mehrwert
Laut Oxford Economics trug SHK 2023 7 Mrd. Euro zum BIP der EU27+
und des Vereinigten Königreichs bei, mit 150.000 unterstützten Jobs,
davon 79 % weiblich und 110.000 grüne Arbeitsplätze. In Afrika
profitierte Ghana mit 72 Mio. Euro BIP-Zuwachs und 65.000 Jobs, Kenia
mit 74.300 Jobs, Mosambik mit 20.700. Die internationale SHK-
Lieferkette ist also ein wechselseitiger Kreislauf mit
wirtschaftlichem Mehrwert auf beiden Kontinenten. (Quelle: Oxford
Economics, Humana People to People & Sympany+, 2024)
Zwtl.: 5. Stimmen vom Markt: Frauen als tragende Kraft
Hilda Kavenuke, Retail Strategic Fundraising Manager bei
Development Aid from People to People Zambia, sagt: „Als
Einzelhändlerin auf dem Markt für Second-Hand-Kleidung habe ich aus
erster Hand erfahren, wie dieses Geschäft nicht nur meine Familie,
sondern auch die Gemeinschaft um uns herum unterstützt. Jede
Lieferung von Kleidung, die wir erhalten, eröffnet zahlreiche
Möglichkeiten – nicht nur im Verkauf, sondern auch in Bezug auf
Arbeitsplätze für viele andere entlang der Lieferkette.“
Der SHK-Sektor bietet besonders Frauen in prekären Lebenslagen
Zugang zu Einkommen, Selbstständigkeit und Bildung für ihre Kinder.
Er ersetzt den Bedarf an Fast Fashion und eröffnet Chancen zur
Kreislaufwirtschaft – lokal und global.
Zwtl.: Fazit & Appell
Second-Hand-Kleidung ist kein Problemexport, sondern Teil der
Lösung. Sie ist ein globaler Motor für Beschäftigung, Klima- und
Ressourcenschutz. Sie schafft Einkommen, soziale Teilhabe und
ökologischen Fortschritt. Anstatt Exportverbote zu diskutieren,
braucht es nun klare gesetzliche Rahmenbedingungen, Investitionen in
Recycling-Infrastruktur und internationale Partnerschaften, um SHK
als Entwicklungshebel zu stärken – für Menschen, Wirtschaft und
Umwelt gleichermaßen.
Über HUMANA People to People – Verein für
Entwicklungszusammenarbeit
HUMANA Österreich, gegründet 1986, ist ein karitativer Verein mit
Sitz in Wien, der sich der Entwicklungszusammenarbeit widmet. HUMANA
sammelt und verkauft Second-Hand-Kleidung und unterstützt mit den
Reinerlösen Entwicklungsprojekte im Globalen Süden und Initiativen in
Österreich. Im Jahr 2023 erreichte die Spendensumme einen Rekordwert
von rund 1,6 Mio. Euro. Der Verein beschäftigt rund 200 Mitarbeiter*
innen, betreibt 23 Second Hand Shops in Wien, Salzburg und Graz, und
ist heute führend mit Re-Use-Dienstleistungen in der textilen
Kreislaufwirtschaft Österreichs.