Kleine Preise, große Last – EU-Abwasserrichtlinie trifft Generikaindustrie hart

Wien (OTS) – Der Österreichische Generikaverband warnt: Die
novellierte Kommunale
Abwasserrichtlinie (KARL) bedroht die Verfügbarkeit leistbarer
Arzneimittel in Europa – mit gravierenden Folgen für Patientinnen und
Patienten, Gesundheitssysteme und die Versorgungssicherheit.

Mit der neuen Kommunalen Abwasserrichtlinie (KARL) verfolgt die
Europäische Union ein wichtiges Ziel: die Reduktion von
Mikroschadstoffen wie Arzneimittelrückständen im Abwasser. Geplant
ist eine verpflichtende vierte Reinigungsstufe in großen Kläranlagen
– eine Maßnahme, die aus Umweltsicht grundsätzlich zu begrüßen ist.
Problematisch ist jedoch die geplante Finanzierung über eine
erweiterte Herstellerverantwortung (EPR): Mindestens 80 % der Kosten
sollen künftig von Herstellern von Humanarzneimitteln und Kosmetika
getragen werden.

Zwtl.: Unverhältnismäßige Belastung für Generikahersteller

Besonders hart trifft diese Regelung die Generikaindustrie, sie
soll rund 60 % der der entstehenden Kosten schultern. Das liegt
daran, dass die Abgabe sich u.a. am Absatzvolumen orientiert – und
Generika machen 70 % aller in Europa abgegebenen Arzneimittel aus.
Gleichzeitig sind sie besonders preisgünstig: Fast 60% aller Generika
-Packungen liegt unter der Rezeptgebühr von 7,55 Euro, der
durchschnittliche Packungspreis beträgt in Österreich 2,83 Euro.

„ Die Umweltabgabe würde für viele bewährte Präparate ein
Mehrfaches der bestehenden Margen ausmachen. Ein Rückzug aus dem
Markt wäre die logische Konsequenz – mit direkten Auswirkungen auf
die Versorgung von Patientinnen und Patienten “, warnt Wolfgang
Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes. Besonders
alarmierend: 90 % der kritischen Medikamente in Europa sind Generika.

Zwtl.: Versorgungslücken und höhere Kosten für das System

Die Auswirkungen wären gravierend: Die medikamentöse
Grundversorgung wäre nicht mehr gesichert. Schon heute zeigen
Modellrechnungen aus den Niederlanden, wie stark sich die EPR-Kosten
auf einzelne Medikamente auswirken könnten. Bei Metformin, einem
Standardpräparat zur Behandlung von Diabetes, wären
Kostensteigerungen von bis zu 875 % zu erwarten, bei einem Wirkstoff,
der in den Niederlanden bis zu 50 % aller Diabetes-Patientinnen und
Patienten verschrieben wird. In Österreich liegt der Generikaanteil
bei Metformin bei 98 %, die Versorgung erfolgt hier nahezu
ausschließlich über günstige generische Präparate.

Zwtl.: Umweltziele ja – aber mit Augenmaß

Die EU-Kommission beziffert die Kosten für die zusätzliche
Reinigungsstufe auf jährlich 1,18 Milliarden Euro. Einschätzungen des
deutschen Umweltbundesamts und des europäischen Dachverbands EurEau
gehen jedoch von deutlich höheren Beträgen von fünf bzw. 11
Milliarden Euro jährlich aus. Die Spannbreite der Schätzungen macht
deutlich, wie wenig belastbar die bisherigen Grundlagen der
Richtlinie sind.

Der Österreichische Generikaverband fordert daher eine
ausgewogene Lösung, die sowohl Umwelt- als auch Gesundheitsziele
berücksichtigt. Ein solidarisches Finanzierungsmodell, wie es etwa in
der Schweiz praktiziert wird, zeigt, dass es auch anders geht: Dort
werden die Kosten der Abwasseraufbereitung fair auf alle Haushalte
verteilt, denn letztlich nutzt jeder Bürger und jede Bürgerin
Medikamente, deren Rückstände ins Abwasser gelangen.

Zwtl.: Aufruf an die Politik

Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Mitte Juni die Möglichkeit, sich
der von Polen eingebrachten Klage gegen die Richtlinie anzuschließen.
Der Österreichische Generikaverband appelliert an die
Bundesregierung, dieses Zeitfenster zu nutzen und sich klar für die
Sicherung der Arzneimittelversorgung einzusetzen.

„ Sauberes Wasser ist wichtig – aber nicht auf Kosten der
Gesundheitsversorgung. Es braucht faire und tragfähige Lösungen. Die
aktuelle Ausgestaltung von KARL ist nicht zu Ende gedacht und bringt
das europäische Gesundheitssystem aus dem Gleichgewicht “, so Andiel.

Über den Österreichischen Generikaverband

Der Österreichische Generikaverband ist ein Zusammenschluss von
neun Generika-Produzenten, die sich zur optimalen Versorgung der
österreichischen Patientinnen und Patienten mit hochwertigen,
preiswerten Arzneimitteln bekennen. Das Ziel unseres Verbands ist
einerseits, die Öffentlichkeit über die Vorteile von Generika zu
informieren und andererseits aktuelle gesundheitspolitische Debatten
mitzugestalten. Unsere Mitglieder sind Accord Healthcare GmbH,
Bluefish Pharma, Dermapharm GmbH, G.L. Pharma GmbH, Genericon Pharma
Gesellschaft m.b.H, ratiopharm Arzneimittel VertriebsGmbH, Sandoz
GmbH, Stada GmbH und Viatris Austria GmbH.