Wie Zeckenspeichel bei Entzündungskrankheiten helfen könnte

Wien (OTS) – Ein Forschungsteam unter Beteiligung der Medizinischen
Universität
Wien hat in einer Überblicksarbeit die neuartigen Erkenntnisse zur
immunmodulatorischen Wirkung des Zeckenspeichels zusammengefasst. Die
Arbeit, veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift Frontiers
in Immunology, zeigt, wie bioaktive Moleküle im Speichel von Zecken
das Immunsystem des Wirts beeinflussen, die Krankheitsübertragung
erleichtern und aber gleichzeitig Potenzial für neuartige
therapeutische Anwendungen bieten.

Durch den Klimawandel breiten sich Zecken weltweit immer weiter
aus, wodurch auch die Häufigkeit von durch Zecken übertragenen
Infektionskrankheiten wie der Lyme-Borreliose oder der FSME (
Frühsommer-Meningoenzephalitis) zunimmt. Die Forscher:innen der
MedUni Wien rund um Johanna Strobl von der Unbiversitätsklinik für
Dermatologie der MedUni Wien haben sich in ihrer aktuellen Arbeit
intensiv mit den Mechanismen beschäftigt, die es Zecken ermöglichen,
sich lange am Wirt zu halten und Krankheitserreger zu übertragen.

Zeckenspeichel als „Wundermittel“?
„Bereits Sekunden nach einem Zeckenstich gibt das Tier seinen
Speichel in die Haut des Wirts ab,“ erklärt Johanna Strobl,
„enthaltene bioaktive Moleküle bewirken eine Erweiterung der
Blutgefäße, hemmen die Blutgerinnung und unterdrücken
Entzündungsreaktionen. Dadurch wird nicht nur die Immunabwehr des
Wirts geschwächt, so dass Zecken länger anhaften können, sondern auch
die Wahrscheinlichkeit einer Infektion durch Erreger erhöht.“ Dennoch
würden genau diese Mechanismen vielversprechende Perspektiven für die
Medizin bergen: „Bestimmte Zeckenproteine könnten als innovative
Behandlungsansätze für entzündliche Hauterkrankungen oder
Autoimmunerkrankungen genutzt werden.“

Forschung an Anti-Zecken-Impfstoffen intensiviert
Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Zecken setzen
Forscher:innen verstärkt auf die Entwicklung eines breit einsetzbaren
Anti-Zecken-Impfstoffs. In aktuellen Studien konnten bereits erste
vielversprechende Kandidaten identifiziert werden. So führte die
Immunisierung mit bestimmten Zeckenspeichelproteinen in Tierversuchen
zu einer verstärkten Immunreaktion, erschwerter Blutaufnahme der
Zecken und reduzierter Übertragung von Krankheitserregern wie
Borrelien.

Neue Therapieansätze durch Zeckenspeichel
Neben Impfstoffen liegt ein weiterer Forschungsschwerpunkt auf der
therapeutischen Nutzung von Zeckenspeichelproteinen. Bestimmte
Proteaseinhibitoren aus Zeckenspeichel haben sich in ersten Studien
als vielversprechend für die Behandlung von chronisch-entzündlichen
Hauterkrankungen wie Psoriasis oder Autoimmunerkrankungen wie
systemischem Lupus erwiesen. Sie könnten als neue Medikamente
entwickelt werden, um Entzündungsreaktionen gezielt zu modulieren und
Nebenwirkungen herkömmlicher Therapien zu minimieren.

Die Forschung an Zeckenspeichel steckt noch in den Anfängen, doch
die neuesten Erkenntnisse zeigen das große Potenzial dieser Moleküle
für die Medizin. Durch modernste Methoden wie Proteomik und
maschinelles Lernen könnten in Zukunft weitere bioaktive Substanzen
entdeckt und für therapeutische Zwecke genutzt werden. Die
interdisziplinäre Zusammenarbeit von Immunologie, Molekularbiologie
und Bioinformatik könnte wegweisende Fortschritte in der Bekämpfung
zeckenübertragener Krankheiten sowie in der Entwicklung neuer
Behandlungsansätze bringen.

Publikation: Frontiers in Immunology
Ticks’ tricks: immunomodulatory effects of ixodid tick saliva at the
cutaneous tick-host interface
Lisa Kleissl, Sophie Weninger, Florian Winkler, Margarida Ruivo,
Michiel Wijnveld und Johanna Strobl
doi: 10.3389/fimmu.2025.1520665