Unterschätzt und übersehen – psychische Gesundheit von Vätern

Wien (OTS) – Zum diesjährigen Vatertag macht die Österreichische
Gesellschaft für
Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP) auf ein bislang
wenig beachtetes Thema aufmerksam: die psychische Gesundheit von
Vätern – insbesondere in der Zeit rund um die Geburt eines Kindes.
Neue internationale Studien zeigen, dass auch Väter in der
Perinatalzeit – also während der Schwangerschaft ihrer Partnerin bzw.
auch im ersten Jahr nach der Geburt – ein erhöhtes Risiko für
psychische Erkrankungen aufweisen.

„Wir sprechen viel über postpartale Depressionen bei Müttern, was
auch dringend notwendig ist. Aber psychische Belastungen bei Vätern
sind nach wie vor ein Tabuthema“, so Prim. Dr. Christian Korbel,
Präsident der ÖGPP. „Dabei wissen wir aus aktuellen Studien, dass bis
zu 10 % der Väter in der Perinatalzeit depressive Symptome
entwickeln. Auch das Risiko für Angststörungen und sogar
Suizidgedanken ist deutlich erhöht.“

Aktuelle wissenschaftliche Studien identifizieren psychiatrische
Vorerkrankungen, partnerschaftliche Spannungen, finanzielle
Belastungen sowie berufliche Unsicherheiten als potentielle
Risikofaktoren für väterliche Depression und Suizidalität. Auch die
teilweise neu zu definierende Vaterrolle in Zeiten zunehmend
diversifizierter Familienstrukturen – inklusive der gleichzeitigen
Erfüllung von Versorger-, Partner- und Erziehungsaufgaben – stellt
ein nicht zu unterschätzendes Herausforderungspotenzial dar. Hinzu
kommt, dass Männer häufig eine höhere Schwelle haben, psychische
Probleme zu benennen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Zudem erhöhen unerkannte psychische Belastungen das Risiko für
Suizidalität bei Männern – insbesondere in der frühen Vaterrolle, die
von Identitätswandel, Versorgungsdruck und sozialem Rückzug geprägt
sein kann.

„Wenn wir psychische Gesundheit als einen integrativen
Bestandteil von Familiengesundheit betrachten, dann müssen wir Väter
gezielt in die Prävention und Versorgung einbinden“ meint ÖGPP-
Präsident Christian Korbel. „Es ist essenziell, dass wir eine Kultur
schaffen, in der auch Männer über seelische Belastungen sprechen
können, ohne sich schwach zu fühlen.“

Der Zusammenhang zwischen väterlicher psychischer Erkrankung und
dem psychischen Wohlbefinden ihrer Kinder kann mittlerweile auch
wissenschaftlich dokumentiert werden. Kinder von betroffenen Vätern
zeigen ein signifikant höheres Risiko für soziale und emotionale
Veränderungen – etwa in Form von Verhaltensauffälligkeiten, Ängsten
oder schulischen Problemen. Insbesondere das subjektive Erleben von
Überforderung, also den komplexen Anforderungen der Vaterschaft nicht
gewachsen zu sein, zeigt einen signifikanten Einfluss auf die
emotionale Entwicklung ihrer Kinder.