Nationalrat: FPÖ thematisiert „ÖVP-Machtmissbrauch“ in Dringlicher Anfrage

Wien (PK) – Mit einer Dringlichen Anfrage im Nationalrat verlieh die
FPÖ ihren
Bedenken hinsichtlich der Amtsführung und des Einflusses der ÖVP
Ausdruck. Die Anfrage richtet sich an Bundeskanzler Christian Stocker
und lautet „ÖVP-Machtmissbrauch: Staat oder Partei, was steht für Sie
an erster Stelle, Herr Bundeskanzler?“. Stocker ließ sich von
Alexander Pröll, Staatssekretär im Bundeskanzleramt, vertreten.
Parallel zu dieser Anfrage brachte die FPÖ ein Verlangen auf
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum „ÖVP-Machtmissbrauch“
ein.

Hafenecker ortet parteipolitisch motivierte Einflussnahme

Der „Machtmissbrauch der ÖVP“ habe massive gesellschaftliche und
auch finanzielle sowie wirtschaftliche Schäden verursacht, wird in
dem Antrag ausgeführt. Zentrale Themen sind hierbei die mutmaßliche
parteipolitisch motivierte Einflussnahme auf Behörden, wie
Versammlungsbehörden und Überwachungs-, Beobachtungs- und
Kontrollmaßnahmen, insbesondere der COVID-19-Maßnahmen und deren
Kritikern. Des Weiteren wird die „systematische“ Unterdrückung von
Kritik, sowohl intern als auch extern, für „parteipolitische Zwecke“
thematisiert. Die FPÖ ortet „massive Einflussnahme“ auf die mediale
Berichterstattung durch „finanzielle Gängelung“, Desinformation und
es gehe bis zur „Einschüchterung von Journalisten“, was sich laut
Antragstext im Absturz Österreichs im globalen Pressefreiheitsindex
widerspiegeln würde. Die FPÖ untermauerte ihre Vermutungen mit dem
Ableben des ehemaligen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek. Die
Ermittlungen seien mangelhaft gewesen, so Christian Hafenecker (FPÖ).

FPÖ nimmt Postenbesetzung unter der Lupe

Einen weiteren Schwerpunkt legt die FPÖ auf die
Personalentscheidungen und Postenbesetzungen auf nationaler und
internationaler Ebene, die als parteipolitisch motivierter
„Postenschacher“ ohne ausreichende Qualifikationen der Begünstigten
interpretiert werden. Die an Bundeskanzler Christian Stocker
gerichteten Fragen drehen sich um den „parteipolitisch motivierten“
Einfluss, den Umfang von Inseraten und Werbemaßnahmen sowie die
Einrichtung und Tätigkeit des „Digitalen Krisenstabs“. Die Kernfrage
der FPÖ dreht sich um die Interessen der ÖVP als Regierungspartei.
„Werden primär die Interessen des Staates und seiner Bürger oder jene
der Partei und ihrer Funktionäre vertreten“, wollte Hafenecker
wissen.

Die ÖVP sei nur noch an Kontrolle interessiert, ortete Hafenecker
„systemischen Machtmissbrauch“. Corona-Kritiker seien wie
Staatsfeinde behandelt und Versammlungen verboten worden. Daher wolle
die FPÖ Corona „mit seiner ganzen Tragweite aufarbeiten“. Auch die
Medien seien von der ÖVP „an die Kandare“ genommen worden. Österreich
sei beim globalen Pressefreiheitsindex auf Platz 32 zwischen der
Republik Moldau und Mauretanien abgestürzt, wie Hafenecker sagte. In
diesem Sinne sah er es als staatsbürgerliche Pflicht an, den
Untersuchungsausschuss einzusetzen, um „den ÖVP-Machtmissbrauch“
aufzuzeigen. Es sei kein Zufall gewesen, dass die
Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP am Innenministerium
gescheitert seien. Hafenecker lenkte die Aufmerksamkeit auch auf den
ehemaligen Finanzminister Magnus Brunner, der zum EU-Kommissar
bestellt wurde und den ehemaligen Bundeskanzler Karl Nehammer, der
für das Direktorium der Europäischen Investitionsbank nominiert
wurde.

Aufgrund der Abwesenheit Stockers bei der Diskussion des
Dringlichen Antrags sprach sich Hafenecker dafür aus, ihn zu Beginn
des Untersuchungsausschusses unter Wahrheitspflicht zu befragen.

Staatsekretär Pröll wirft FPÖ vor, die „Verwaltung zu lähmen“

In Vertretung von Bundeskanzler Stocker nahm Staatssekretär
Alexander Pröll zum umfassenden Fragenkatalog der Freiheitlichen
Stellung. Die Abwesenheit von Stocker sei schon seit längerem bekannt
gewesen und auch von allen Fraktionen im Haus zur Kenntnis genommen
worden, zeigte Pröll auf. Alternative Terminvorschläge seien von der
FPÖ allesamt abgelehnt worden.

Grundsätzlich sei es in einer Demokratie wichtig und notwendig,
dass die Geschäftsführung der Regierung jederzeit durch den
Nationalrat und den Bundesrat überprüft werden könne, betonte Pröll
einleitend. Das Einbringen von 827 parlamentarischen Anfragen an
einem Tag stelle jedoch einen „Missbrauch“ des so wichtigen
Interpellations- und Kontrollinstruments durch die FPÖ dar, weil
dadurch die Verwaltung vollkommen gelähmt werde. Außerdem mussten
dadurch etwa 25.000 zusätzliche Arbeitsstunden erbracht werden, was
Kosten in der Höhe von 2,5 Mio. Ꞓ verursacht habe, informierte der
Staatsekretär.

Zusätzlich zur Dringlichen Anfrage wurde nun auch ein Antrag auf
Einberufung eines Untersuchungsausschusses „zur Bewältigung der COVID
-19-Pandemie“ eingebracht, führte er weiter aus. Diesbezüglich rief
Pröll in Erinnerung, dass es nicht die Volkspartei gewesen sei, die
als Gesundheitsmaßnahme die Einnahme eines Entwurmungsmittels
empfohlen habe, was in der Folge sogar zu einem tragischen Todesfall
geführt habe. Und es sei auch nicht die ÖVP gewesen, die dazu
beigetragen habe, dutzenden Verschwörungstheorien den Weg zu ebnen.
Es sei vielmehr die FPÖ unter ihrem Parteichef Herbert Kickl gewesen,
führte der Staatssekretär ins Treffen.

Klares Nein von Pröll bezüglich möglicher Einflussnahme durch ÖVP

Was den zweiten Teil der Anfrage angeht, so würden darin der
tragische Tod des ehemaligen Sektionsleiters im Justizministerium
sowie damit zusammenhängende „angebliche Vorgänge und Hintergründe“
thematisiert. Das Verlangen fuße dabei auf „wilden Gerüchten von
Peter Pilz“, mit dem die FPÖ jetzt offenbar gemeinsame Sache mache.
Damit soll wahrscheinlich der Verkauf des neuen Buchs von Pilz
unterstützt werden, mutmaßte Pröll. Weiteres Ziel sei es wohl, die
Arbeit der Polizei und Ermittlungsbehörden in Österreich
schlechtzureden.

In Beantwortung der einzelnen Fragen stellte Pröll zunächst fest,
dass Bundeskanzler Christian Stocker kein Mitglied der letzten
Bundesregierung gewesen sei. Es würden daher auch keine Informationen
darüber vorliegen, ob durch „Mitarbeiter von Kabinetten oder leitende
Bedienstete des Bundeskanzleramts unsachlicher und/oder
parteipolitisch motivierter Einfluss auf die zuständigen
Versammlungsbehörden“ bzw. auf „Überwachungs-, Beobachtungs- und
Kontrollmaßnahmen gegenüber Personen oder Gruppen, die sich kritisch
gegenüber der Bundesregierung oder den COVID-19-Maßnahmen geäußert
bzw. engagiert haben“, genommen worden sei. Er gehe aber davon aus,
dass die angesprochenen Personengruppen stets gesetzestreu agiert
haben, konstatierte Pröll.

Die Kosten von Öffentlichkeitsarbeit und Informationskampagnen in
Medien und auf Social-Media-Kanälen sowie die Zusammenarbeit mit
Agenturen seien regelmäßig Gegenstand von Beantwortungen
parlamentarischer Anfragen, erläuterte Pröll. Nähere Infos zu den
Kampagnen des Bundeskanzleramts seien zudem auf der Seite des BKA
öffentlich einsehbar. Ähnliches gelte für die Fragen rund um den
„Digitalen Krisenstab“, die ebenfalls schon in der Vergangenheit
beantwortet worden seien.

Was den Tod von Sektionschef Christian Pilnacek betrifft, so habe
der frühere Bundeskanzler Nehammer am 20. Oktober 2023 aus den Medien
von dessen Ableben erfahren. Die Frage, ob durch den Bundeskanzler
oder seine Vorgänger bzw. durch deren Mitarbeiter:innen Einfluss auf
die anhängigen Verfahren in Zusammenhang mit dem Ableben von Pilnacek
genommen wurde, beantwortete Pröll mit einem klaren Nein.

Bezüglich des Budgetdefizits 2024 gab Pröll zu bedenken, dass die
Statistik Austria am 31.3.2025 das gesamtstaatliche Defizit
veröffentlicht habe. Vorher sei dieser Wert nicht bekannt gewesen.
Die Nominierung von Karl Nehammer für das Direktorium der
Europäischen Investitionsbank sei durch Finanzminister Markus
Marterbauer erfolgt. Im Regierungsprogramm seien jene
Personalentscheidungen festgehalten, für die der Bundesregierung ein
Vorschlagsrecht zufalle. Was die Vorwürfe gegenüber August Wöginger
angehe, so nehme man die Schritte der Justiz zur Kenntnis. Bei seiner
Partei genieße der Klubobmann aber vollstes Vertrauen. Schließlich
kündigte Pröll noch an, dass die Koalitionsparteien bereits an einer
klaren, praxistauglichen und eindeutigen Rechtsgrundlage in Sachen
Parteispenden arbeiten würden. (Fortsetzung Nationalrat) gla/sue

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