Mangelnde Weitsicht bei adaptiertem Text zur EU-Arzneimittelgesetzgebung

Wien (OTS) – Im Zuge der Überarbeitung der
EU-Arzneimittelgesetzgebung hat Polen
im Ringen um die Finalisierung des Verhandlungsmandates einen Text
vorgelegt, mit dem speziell bei den strittigen Themen
Unterlagenschutz und Marktexklusivität ein Kompromiss verfolgt wird.
Dieser Text wurde gestern seitens der Mitgliedsstaaten abgesegnet und
damit der Weg geebnet, dass unter dänischem Ratsvorsitz die Trilog-
Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen
Kommission starten können. Die pharmazeutische Industrie sieht beim
Kompromisstext allerdings eine Verschlechterung zur bisherigen
Regelung.

Polens Papier sieht vor, den bei neuen, innovativen Medikamenten
bisher geltenden Datenschutz von acht Jahren beizubehalten.
Gleichzeitig, und das ist als Kompromissangebot zu sehen, wird zwar
die bisher geltende, zweijährige Marktexklusivität eines neuen
Medikamentes auf ein Jahr reduziert, soll aber um bis zu zwei Jahre
verlängert werden können, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind.

Dazu erklärt Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG: „ Die
definierten Kriterien zur Verlängerung der Marktexklusivität sind in
der Praxis schwer bis gar nicht erreichbar. Der jetzige
Kompromisstext des Rates stellt zwar im Vergleich zum Vorschlag der
Europäischen Kommission eine Verbesserung dar, im Vergleich zum
Status Quo jedoch eine Verschlechterung. “ Dabei ist der Schutz
geistigen Eigentums ein zentraler Wert, der sich unmittelbar darauf
auswirkt, ob und wie viele neue Medikamente hier in Europa entwickelt
werden oder eben anderswo. „Wer viel Geld in ein Hochrisikoprojekt
investiert, wie es die Entwicklung eines neuen Medikamentes nun
einmal ist, möchte, dass sich dies am Ende des Tages auch rechnet“,
so Herzog.

Die Kriterien zur Verlängerung der Marktexklusivität sehen vor,
dass das neu entwickelte Medikament einen ungedeckten, medizinischen
Bedarf adressiert oder drei Auflagen in Kombination erfüllt werden:
Es erfolgt im Zuge der klinischen Studien ein relevanter und
evidenzbasierter Vergleich, diese Studien werden in mehreren EU-
Ländern durchgeführt und der Zulassungsantrag wird zuerst in der EU
eingereicht oder zumindest 90 Tage, nachdem eine Anmeldung außerhalb
der EU erfolgt ist. Zudem kann ein zusätzliches Jahr an
Marktexklusivität erlangt werden, wenn ein Medikament für eine oder
mehrere neue therapeutische Indikationen zugelassen wird.

„Derartige Vorgaben schwächen den Standort Europa, anstatt ihn zu
stärken, wie es vor dem Hintergrund der massiv veränderten
geopolitischen Situation dringend notwendig wäre“, kommentiert
Herzog. So baut denn die pharmazeutische Industrie darauf, dass in
den Trilog-Verhandlungen noch eine Nachadjustierung des Textes
erfolgt.

Die USA sind seit jeher ein führender Standort bei der
Entwicklung neuer Medikamente. China holt mit enormer Geschwindigkeit
auf. Umso wesentlicher ist es daher, dass Europa attraktive
Rahmenbedingungen vorweist. „Damit könnten das Know-how und die
wertvollen Jobs, die im Kontext der Forschung bestehen, hier in
Europa gehalten werden. Außerdem haben wir alle auch als Patientinnen
und Patienten etwas davon. Denn in der Regel ist es so, dass neue
Medikamente zuerst dort auf den Markt kommen, wo sie entwickelt
werden“, gibt Herzog weiter zu bedenken.

Über die PHARMIG: Die PHARMIG ist die freiwillige
Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie. Derzeit
hat der Verband ca. 120 Mitglieder (Stand Juni 2025), die den
Medikamenten-Markt zu gut 95 Prozent abdecken. Die PHARMIG und ihre
Mitgliedsfirmen stehen für eine bestmögliche Versorgungssicherheit
mit Arzneimitteln im Gesundheitswesen und sichern durch Qualität und
Innovation den gesellschaftlichen und medizinischen Fortschritt.