Frauengesundheit braucht fundierte Diagnostik

Wien (OTS) – Anlässlich des Aktionstags für Frauengesundheit macht
der
Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP)
auf den wachsenden Bedarf an fundierter klinisch-psychologischer
Diagnostik aufmerksam – insbesondere bei Frauen mit Verdacht auf AD(H
)S.

In den sozialen Medien kursieren zunehmend Videos, die zur
Selbstdiagnose verleiten: zahlreiche Menschen erkennen sich in AD(H)S
-Erfahrungsberichten auf TikTok oder Instagram wieder. Doch der
Schritt vom ersten subjektiven AD(H)S-Verdacht bei konkreten
Beschwerden zur tatsächlichen Diagnosestellung ist ein
hypothesengeleiteter klinisch-psychologischer Prozess. Ohne fachlich
fundierte Abklärung drohen Fehldiagnosen, unnötige Stigmatisierung
oder ungeeignete Behandlungen.

Zwtl.: ADHS bei Frauen: Spät erkannt, oft fehldiagnostiziert

Bei Frauen zeigt sich AD(H)S häufig anders als bei Männern – zum
Beispiel durch innere Unruhe, chronische Erschöpfung oder emotionale
Überforderung statt durch auffällige Hyperaktivität bzw. motorische
Unruhe. Diese Erscheinungsformen werden häufig zunächst nicht im
Rahmen einer AD(H)S eingeordnet oder mit anderen Störungsbildern
verwechselt.

Die Dringlichkeit zeigt sich auch in aktuellen Zahlen: Laut ÖGK
hat sich die Zahl der Menschen, die ADHS-Medikamente erhalten, von
rund 8.300 im Jahr 2013 auf knapp 22.000 im Jahr 2023 fast
verdreifacht. Doch diese Zunahme bedeutet nicht automatisch, dass
mehr fundierte Diagnosen gestellt wurden. Aufgrund der hohen
Auslastung bei VertragspsychologInnen und Wartezeiten von mehreren
Monaten auf eine Klinisch-Psychologische Diagnostik als
vollfinanzierte Kassenleistung fehlen derzeit dringend benötigte
Ressourcen zur Abklärung und damit eine solide Grundlage zur
weiteren, individuell zugeschnittenen Behandlungsplanung.

Zwtl.: Zugang erleichtern, Versorgung ausbauen, Kompetenzen stärken

Um der steigenden Nachfrage nach klinisch-psychologischer
Diagnostik gerecht zu werden, braucht es konkrete strukturelle
Maßnahmen. Der Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und
Psychologen spricht sich daher für einen Ausbau des Stellenplans im
Bereich der Diagnostik aus. Zudem sollte es auch behandelnden
Klinischen PsychologInnen, ebenso wie ÄrztInnen und
PsychotherapeutInnen, künftig möglich sein zur klinisch-
psychologischen Diagnostik zuzuweisen. Das erleichtert den Zugang
deutlich, und ermöglicht eine raschere Versorgung .

„Eine fundierte klinisch-psychologische Diagnostik ist
entscheidend, um eine passende und effektive Behandlung einzuleiten“,
erklärt BÖP-Präsidentin ao. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-
Puchinger. „Die Zunahme von Selbstdiagnosen über soziale Medien
verdeutlicht den dringenden Bedarf nach qualifizierter, gut
erreichbarer Diagnostik. Frauen brauchen ein Gesundheitssystem, das
sie ernst nimmt und mit präzisen Diagnosen unterstützt.“