EU-Unterausschuss des Nationalrats berät über europäisches Rückkehrsystem für illegal aufhältige Drittstaatsangehörige

Wien (PK) – Der Entwurf der sogenannten Rückkehrverordnung war heute
Thema im EU-
Unterausschuss des Nationalrats. Der Vorschlag zielt auf die
Schaffung eines Systems für die Rückkehr von illegal in der Union
aufhältigen Drittstaatsangehörigen in ihre Heimatländer oder in
Drittstaaten ab. Innenminister Gerhard Karner betonte, dass es sich
dabei um einen „unverzichtbaren Bestandteil“ im Kampf gegen illegale
Migration handle. Keine Mehrheit fand ein von der FPÖ dazu
eingebrachter Entschließungsantrag. Dieser sollte die Bundesregierung
dazu auffordern, sich in den weiteren Verhandlungen dafür
einzusetzen, dass die Forderungen aus dem im Mai 2025 von neun EU-
Staaten – darunter Österreich – unterzeichneten Schreiben zur
Neuinterpretation der EMRK-Auslegung berücksichtigt werden.

Thema im Ausschuss war zudem ein Änderungsvorschlag hinsichtlich
der Erstellung einer Liste sicherer Herkunftsländer auf Unionsebene.
Die Ausschussmitglieder befassten sich zudem mit der von der
Europäischen Kommission vorgelegten Sicherheitsstrategie „ProtectEU“.
Die Grünen forderten in diesem Zusammenhang mit einem Antrag, dass
die Maßnahmen der Strategie den Digital Services Act (DSA) und den
Digital Markets Act (DMA) nicht aufweichen oder aussetzen sollen. Der
Antrag blieb mit den Stimmen der Grünen in der Minderheit.

Staatssekretär Jörg Leichtfried ging darauf ein, dass es einen
eminenten Zusammenhang zwischen äußerer und innerer Sicherheit gebe.
Die Welt der Stabilität in der die meisten aufgewachsen seien, sei
eine „Welt von gestern geworden“, so Leichtfried. Denn internationale
Konflikte würden „tief in Österreich hineinwirken“ – das
Sicherheitsniveau in Österreich und der EU sei daher gesunken. Er
betonte, dass die aktuelle Weltlage und terroristische Bedrohungen
ernst genommen werden müssen und ein gesamteuropäischer Ansatz für
mehr Sicherheit notwendig sei.

Karner: Klare und konsequente Rechtsgrundlage für Abschiebungen
schaffen

Die sogenannte Rückkehrverordnung solle laut Innenminister
Gerhard Karner auf EU-Ebene eine klare und konsequente
Rechtsgrundlage schaffen, um Abschiebungen „konsequent umsetzen“ zu
können. Wichtig sei dabei, dass die Vorschriften nicht zu
bürokratisch werden, denn Ziel sei die Beschleunigung der Verfahren,
so Karner.

Der Verordnungsvorschlag sieht die Etablierung eines europäischen
Rückkehrsystems und die Definition von klaren Verpflichtungen für
Rückkehrer:innen vor. Er legt zudem Gründe für die Schubhaft fest und
enthält Definitionen von Fluchtgefahr. Auch die Möglichkeit zur
Einrichtung von Rückkehrzentren in Drittstaaten ist vorgesehen. So
sollen Personen, die sich illegal in der EU aufhalten und gegen die
eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, auch in einen Drittstaat, der
nicht ihr Herkunftsstaat ist, rückgeführt werden können. Dabei
müssten die konkreten Modalitäten in einem Abkommen oder einer
Vereinbarung entweder bilateral zwischen dem Mitgliedstaat und dem
Drittstaat oder auf EU-Ebene vereinbart werden.

Ein funktionierendes System für Abschiebungen sei unverzichtbar,
es sei jedoch zu befürchten, dass die Möglichkeiten begrenzt bleiben,
da der politisch und rechtliche Rahmen nicht angefasst werde, sagte
Susanne Fürst (FPÖ). Weniger als 20 % der Ausreisepflichtigen würden
tatsächlich die EU verlassen, dies liege im Wesentlichen an der
rigiden Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)
durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), so
Fürst. Denn die EMRK würde regelmäßig Abschiebungen verhindern –
selbst von mehrfach straffälligen, nicht schutzbedürftigen Personen,
so Fürst. Sie forderte daher eine politische Neubewertung der EMRK,
um rechtliche Hürden zu reduzieren und brachte dazu einen
entsprechenden Entschließungsantrag ein.

Die Diskussion, ob die EMRK den „heutigen Ansprüchen entspreche“
sei zu führen – sie stehe aber nicht zur Disposition, da sie eine
tragende Säule der Rechtsstaatlichkeit sei, sagte Ernst Gödl (ÖVP).
Auch Pia Maria Wieninger (SPÖ) unterstrich, dass an der EMRK „nicht
zu rütteln“ und eine unabhängige Rechtsprechung extrem wichtig sei.
Agnes Sirkka Prammer (Grüne) pochte auf die Einhaltung des Stufenbaus
der Rechtsordnung und wies darauf hin, dass eine Verordnung keine
Regelungen enthalten könne, die dem Primärrecht widerspreche.

Auf Fragen von Pia Maria Wieninger (SPÖ) und Agnes Sirkka Prammer
(Grüne) zu den im Verordnungsentwurf vorgesehen Rückkehrzentren in
Drittstaaten sagte Karner, dass der rechtliche Rahmen für diese
gerade erst geschaffen werde und daher noch nicht feststehe, wo diese
entstehen könnten. Es sei laut Karner davon auszugehen, dass die
Mitgliedstaaten auf bilateraler Ebene diesbezüglich rascher Partner
finden werden, als die EU auf gesamteuropäischer Ebene.

Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsländer

Gemäß einer vorgeschlagenen Ergänzung der Asylverfahrens-
Verordnung sollen künftig neben allen EU-Beitrittskandidaten auch das
potenzielle Kandidatenland Kosovo sowie Bangladesch, Kolumbien,
Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer
gelten. Die nationalen Listen der Mitgliedstaaten sollen dadurch
nicht eingeschränkt werden, worauf auch Österreich besonderen Wert
legt. Bei Asyl-Antragstellungen aus einem dieser Länder soll es zu
einer beschleunigten Antragsprüfung und einem Abschluss innerhalb von
drei Monaten kommen. Für die EU-Beitrittskandidaten sind temporäre
Ausnahmetatbestände vorgesehen, wofür Österreich aufgrund der
Vielzahl an bereits bestehenden Schutzmechanismen keinen Bedarf
sieht.

Innenminister Gerhard Karner erachtet die einheitliche Behandlung
von Asylanträgen aus Ländern mit geringer
Anerkennungswahrscheinlichkeit als wichtigen Schritt, um rasche
Verfahren zu garantieren. Er erläuterte, dass es sich um Staaten
handle, die eine erhebliche Zahl an Asylanträgen verursachen, aber
einen Anerkennungsgrad von 5 % oder weniger aufweisen. Gegenüber
Ernst Gödl (ÖVP) betonte der Minister, dass die EU-Liste die
nationale Liste nicht einschränken oder verdrängen dürfe. Dort seien
zur Zeit 18 Länder gelistet.

Markus Leinfellner (FPÖ) meinte, auch Syrien sollte als sicheres
Herkunftsland gelten. Für ihn tat sich die Frage auf, warum es trotz
der Liste noch Einzelfallprüfungen bedarf. Diese seien rechtstaatlich
vorgesehen und entsprächen den Grundrechten, antwortete Karner. Auch
Maximilian Köllner (SPÖ) hakte nach, wie die Einhaltung der
Grundrechte sichergestellt werde. Laut Innenminister gehe es darum,
die Verfahren nicht mit zu viel Bürokratie zu ersticken und die
Geschwindigkeit voranzutreiben. Bei den Einzelfallprüfungen werde
jedenfalls auch die Region beachtet. Durch Länderberichte komme es
immer wieder zu Neubewertungen, wenn sich etwa die Lage ändere. Die
umfassende Bewertung werde durch die EU-Asylagentur durchgeführt,
erfuhr Agnes Sirkka Prammer (Grüne).

Sophie Marie Wotschke (NEOS) sprach das „Verbindungskriterium“
an. Demnach könne nur dorthin rückgeführt werden, wo ein Bezug
bestehe. Laut Innenminister Karner sei dadurch die Ausweitung der
Asylverfahren auf Drittstaaten nur eingeschränkt möglich. Die
Europäische Kommission beabsichtige allerdings eine weitere Änderung
der Asylverfahrens-Verordnung.

Strategie „ProtectEU“: Schutz vor Online- und Offline-Bedrohungen

Die von der EU vorgestellte „ProtectEU“-Strategie zielt laut
Innenministerium darauf ab, Gesellschaften und Demokratien vor Online
– und Offline-Bedrohungen durch Terroristen, Kriminelle und
feindliche ausländische Akteure zu schützen. Darüber hinaus soll
gewährleistet werden, dass die Auswirkungen auf die Sicherheit in
allen künftigen Politikbereichen der EU berücksichtigt werden. Damit
betrifft die nicht verbindliche Strategie auch Bereiche, die nicht
allein in die Zuständigkeit des Innenministeriums fallen.

Hinsichtlich der von der EU vorgelegten Strategie stecke der
„Teufel im Detail“, meinte Christofer Ranzmaier (FPÖ) – denn
Vorratsdatenspeicherung und die Vernetzung von Daten seien sehr
kritisch zu hinterfragen. Zudem warnte er vor einem
Souveränitätsverlust.

Wenn es gelingen würde, Europol zu einer „echten
Strafverfolgungsbehörde“ auszugestalten, wäre dies ein Meilenstein,
sagte Wolfgang Gerstl (ÖVP). Zudem sei ein verstärkter Datenaustausch
zwischen EU-Agenturen im Sinne der Bekämpfung von Kriminalität
wichtig und die Vernetzung digitaler Daten eine Grundvoraussetzung
für mehr Sicherheit in Europa, so Gerstl.

Sophie Marie Wotschke (NEOS) erkundigte sich nach dem aktuellen
Stand hinsichtlich des Ausbaus von Europol zu einer operativen
Behörde. Leichtfried sagte, dass mit Juni 2026 ein neues Mandat
erwartet werde. Ob eine Ermittlungsbefugnis für Europol kommen werde,
sei derzeit noch nicht absehbar.

Süleyman Zorba (Grüne) zeigte sich positiv überrascht, dass das
Thema Cybersicherheit in der vorgelegten Strategie so ernst genommen
werde. Das Paket sei laut Zorba im Großen und Ganzen gut, enthalte
jedoch auch problematische Punkte – beispielsweise hinsichtlich
Vorratsdatenspeicherung und Aufweichung von Verschlüsselungen. Mit
einem Entschließungsantrag forderte Zorba unter anderem die rasche
und unnachgiebige Durchsetzung von Digital Services Act und Digital
Markets Act sowie die grundrechtskonforme Ausgestaltung von
Sicherheitsmaßnahmen.

Leichtfried betonte, dass hinsichtlich der Nutzung von Daten zwei
Prinzipien bedeutend seien: Dies sei einerseits der Datenschutz,
andererseits müsse es die Möglichkeit geben, dass Behörden mit ihren
technischen Befugnissen Schritt halten können, um Kriminalität zu
bekämpfen. Beim Erlassen diesbezüglicher Gesetze müsse „sehr scharf
darauf geachtet werden“, dass es zu keinem Überhang in eine der
beiden Richtungen komme, so Leichtfried.

Alois Schroll (SPÖ) sprach das Thema Radikalisierung im Internet
an und fragte Staatssekretär Jörg Leichtfried nach seiner
Einschätzung hinsichtlich der Forderung nach Altersbeschränkungen für
soziale Medien. Mit dieser Forderung laufe man bei ihm „offene Türen
ein“, meinte Leichtfried. Denn Radikalisierung finde nicht in
Hinterhöfen, sondern im Netz statt und Kinderzimmer seien daher keine
sicheren Orte. (Schluss EU-Unterausschuss des Nationalrats) bea/fan