Demokratie ist mehr als nur Wahlen

Wien (OTS) – Bereits zum 27. Mal findet heute in Wien der
Journalistinnenkongress
statt und steht unter dem Thema „Von Autokraten bedroht, von
Konzernen gekauft – Wie kommt der Journalismus aus der Krise?“
Eröffnet wird der Kongresstag von Initiatorin Maria Rauch-Kallat, die
in ihrer Eröffnungsrede einen Neubeginn fordert. Frauenministerin Eva
-Maria Holzleitner lobt in ihrer Videogrußbotschaft den
Journalistinnenkongress als „Ort der Frauensolidarität“.

Zwtl.: Autokratien auf dem Vormarsch

Mit einer flammenden Keynote Rede zu „Medien in der
Demokratieverteidigung“ von Tamara Ehs beginnt das offizielle
Programm des Kongresses. Tamara Ehs ist promovierte
Politikwissenschaftlerin und setzt sich für den Schutz und die
Gewährleistung der liberalen rechtstaatlichen Demokratie ein. Sie
rüttelt mit ihrer Rede wach und erinnert daran, dass in den letzten
Jahren Autokratien weltweit zugenommen haben und mittlerweile 5,7
Milliarden Weltbürger*innen in einem solchen System leben. Sie
zitiert in ihrer Rede den US-Amerikanischen Politikwissenschaftler
Larry Bartels, der sagt: „Democracy erodes from the top“. Wenn
Autokraten eine Demokratie zerstören wollen, beginnen sie mit einem
Angriff auf die Medien. Das schaffen sie, indem sie die Medien – also
die vierte Macht einer Demokratie – auf ihre Seite bringen und
dadurch die Kontrollinstanzen abschaffen.

Zwtl.: Der Angriff auf die Medien

Das „Playbook der Autokratisierung“ beschreibt drei
Einflussbereiche: Erstens greifen Parteien auf Medienschaffende zu,
indem Förderungen oder Inserate reduziert werden und dadurch Druck
ausgeübt wird. Das ist selbst in Österreich der Fall, weswegen das
Land im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen in den letzten
zehn Jahren zu einer „mittelmäßigen Demokratie“ herabgestuft wurde.
Es kann aber auch so weit gehen, dass Medienschaffende diffamiert,
eingeschüchtert oder gar verfolgt werden. Der zweite Schritt im
Playbook beschreibt, wie alternative Fakten bereitgestellt werden.
Parteien verbreiten auf ihren sozialen Medien Kanälen, oder eigens
kreieren Newsoutlets, nur diese Informationen die ihre Wähler*innen
empfangen sollen – direkt und ganz ohne Einordnung durch
Medienschaffende. Das bringt alternative Fakten in Umlauf und die
„gemeinsame Wahrheit“, auf die sich alle einigen können, existiert
nicht mehr. Der dritten Punkt beschreibt, wie die Medienmacht der
Milliardäre gestärkt wird, indem sie sich in Newsoutlets einkaufen,
um die Politik mit ihrem Einfluss zu ihren Gunsten zu verändern. Das
sehen wir in den USA, wo Jeff Bezos die Washington Post besitzt und
Elon Musk eine gesamte Social-Media-Plattform gekauft und
umstrukturiert hat. Doch auch in Europa, in Frankreich, versucht der
rechtskonservative Geschäftsmann und Industrielle Vincent Bolloré mit
seinem Einfluss auf die Medien Marine Le Pen an die Macht zu hieven.
Mit seiner sogenannten „Stinktierpolitik“ schafft er in Redaktionen
ein toxisches Arbeitsumfeld, um kritische Journalist*innen
hinauszuekeln und Teams zu seinem Vorteil umzuorganisieren.

Zwtl.: Freie Medien – Freie Demokratie

Tamara Ehs erinnert uns daran, dass Demokratie mehr als nur
Wahlen bedeutet. Es braucht auch Grund- und Freiheitsrechte und
starke unabhängige Medien. Qualitätsjournalismus muss aber von der
Politik gefördert werden. Auch die Kürzungen von Medienbudgets,
Entlassungen von Journalist*innen und die dadurch erhöhte
Arbeitsbelastung der Medienschaffenden, schwächen eine Demokratie.
Sie schließt ihre Keynote damit ab, wie wir uns dagegen wehren
können: Die Qualitätsmedien müssen gefördert, die Medienkompetenz der
Bürger*innen und die Solidarität unter den Journalist*innen müssen
gestärkt werden.

Autorin: Nives Bogad

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